Die 12. Lange Nacht der Computerspiele in Leipzig

Die HTWK Leipzig lud erneut Spielebegeisterte ein zur inzwischen 12. Langen Nacht der Computerspiele. 250 Stationen mit Spielen aus vier Jahrzehnten. Ein Bericht.


Aber vorerst: was ist das überhaupt? Seit 2007 wird im Lipsiusbau der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, welche nahe des Connewitzer Kreuzes liegt, dieses Spiele-Event veranstaltet. Hierbei werden einige Schulräume und Flure mit Spielstationen ausgestattet, welche sich auf vier Etagen erstrecken. Selbst wenn das einen so klein vorkommen mag, inzwischen gehört die Lange Nacht der Computerspiele zum größten Retro-Event Deutschlands und zieht nicht nur Besucher aus dem Umland an. Sieht man auch bei mir, denn inzwischen wohne ich ja in Nordrhein-Westfalen. 2014 wurde ich auf dieses Event aufmerksam gemacht, was es für mich zu der Zeit einfacher machte, da ich bequem mit der Straßenbahn hinkam.

Dabei ist die Planung eher spontan ausgefallen, da ich mit meinem Kollegen am gleichen Tag, an dem das Event beginnt, von einem Ort in der Nähe von Düsseldorf abgefahren bin. Natürlich als Zwischenhalt erstmal in meine Heimatstadt ins ruhige Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt. Nach einer kleinen Auffrischung ging es dann über die A38 bequem mit einem Oldtimer Richtung Leipzig. Mir war nicht klar, wie bequem man von der A38 bis zum HTWK Leipzig kam. Über die B2 war man schon in unmittelbarer Nähe. Und die Parkplatzsuche ist auch einige Stunden nach Beginn des Events nicht unbedingt ein Problem, denn die Gegend ist voller uneingeschränkt nutzbarer Parkplätze. Zu schade, dass wir nur in einer Nebenstraße einen Platz fanden. Direkt vor dem Gebäude wäre der VW Golf, Baujahr 1983, definitiv ein Hingucker gewesen.

Im Gebäude war ich erstmal leicht verwundert, denn es gab plötzlich Sicherheitsleute, die die Taschen kontrolliert haben. Offenbar wurde hier Sicherheit nun etwas größer geschrieben, denn solch eine Art von Security kannte ich von den vorigen Jahren nicht. Und dann gab es auch nur eine Taschenkontrolle. Zumindest habe ich gehört, dass man nicht mit zu großen Taschen hineingehen sollte. Es ist auf einer Seite jedenfalls verständlich, sowas durchzuführen. Auch wenn die letzten Jahre nichts passiert ist.

Schon im Foyer wird man von einigen schön beleuchteten Vitrinen mit feinsten Retro-Kreationen und natürlich auch schon mit einigen kleineren Spielstationen begrüßt. Im Kantinenbereich, der durch die Fensterinstallation nicht gerade das beste Klima bot (an dem Tag war es außergewöhnlich warm), gab es sogar ein Angebot an analogen Spielen zu sehen in Form von imposanten Brettspielen.

Schon im 1. Stock wurde man mit dem Stand von Spielkritik begrüßt, hier wurde Werbung gemacht für ein „Virtual Tennis“-Event, gespielt auf einem originalen Sega Dreamcast. Auch das macht das Event aus, dass man nicht etwa mit Emulationen, sondern gar mit Original-Konsolen beschert wird. Platz für neue Technologien wird aber ebenfalls geboten, so wurde in einem Raum „Crazy Machines VR“ gespielt. Sogar ein nicht mal so unbekannter YouTuber namens Gustaf Gabel veranstaltete von dem Event in einer Räumlichkeit über YouTube das Spiel „Fortnite“, begleitet durch ein großzügiges Streamer-Equipment. Über einen großen Fernseher vor dem Raum konnte man das Spielgeschehen verfolgen.

Im 2. Stock wurde bei Radio PARALAX akustisch einiges geboten, denn dort wurde man mit 8-Bit-Musik beschallt. Gespannt ging ich zur DOS-Ecke, ein Traum von einem PC-Fanatiker. IBM-kompatible Rechner sämtlicher Epochen gab es hier zu bestaunen, von antiken PC-XT bis hin zur topaktuellen Kiste mit Core i9-Prozessor. Alle Rechner wurden mit sämtlichen Spielen der 90er und 2000er ausgestattet, so gab es eine breite Auswahl vom ersten Monkey Island bis hin zu Unreal Tournament. An einem kleinen Tisch konnte man sich dennoch an Mini-Versionen vom C64 und vom SNES begnügen, während es nebenan eine breite Variation an den echten Heimkonsolen gab. Von antiken „Tele-Spiel“-Gerätschaften der späten 70er und frühen 80er Jahre bis hin zur ersten Xbox von Microsoft.

Aber auch für Freunde der Heimcomputer a la C64 wurde in einigen Räumlichkeiten was angeboten. Vorbei an für junge Leute ohrenbetäubenden fiependen Monitoren flimmerten bunte Pixel, während man versuchte, mit dem Competition Pro-Joystick sich durchs Spiel zu kämpfen. Nicht selten war dabei eines der bekanntesten Spiele der C64-Phase anzutreffen: das später verbotene „The Great Giana Sisters“.

Im 3. oder 4. Stock wurde es dann eher für die Leute interessant, die sich in die Richtung „Gaming Development“ interessierten. Einige Grafiker gestalteten mit Zuschaumöglichkeit kunstvolle Charaktere für Computerspiele. Auch einige Indie-Entwickler haben es sich im obersten Stockwerk breitgemacht. In diesen Stockwerken findet man auch das Nao-Team, welche ihre Roboter-Fußballspieler präsentierten und damit in den RoboCup German Opens zahlreiche Erfolge erzielen konnten. Leider kann ich über die nebenbei stattfindenden Events nicht viel schreiben, da ich diese aus Zeitmangel nicht verfolgen konnte. Hierbei gab es zahlreiche Vorlesungen in den Präsentier-Räumlichkeiten. Interessierte konnten sich auch über eSports informieren.

Interessant war eine Box in der DOS-Ecke, in der der ehemalige Veranstalter des Events Rene Meyer sämtlichen Krimskrams für die tosende Menge kostenlos zur Verfügung stellte. Neben weniger gut aussehenden Spielen, Filmen und Büchern griff ich nach der Verpackung vom Spiel „Stirb langsam: Nakatomi Plaza“, von dem ich vorher gar nicht wusste, dass es das auch in einer Big Box gab. Beim dicken Guide „CDs und DVDs brennen“ aus dem Jahr 2003 wollte ich leider doch nicht zuschlagen.

In einem Flur wurde aus Schaumstoff Tetris-Blöcke geschnitten, die die Besucher dazu nutzten, daraus schöne Blockkonstruktionen zu realisieren. Man konnte nebenan noch einen Platinenbau des ersten Videospiels „Pong“ begutachten und sogar darauf spielen. In einer Räumlichkeit gab es die Möglichkeit, sein Gesangstalent beim Spiel „Rock Band“ beweisen zu können. Und zu allem Übel konnte man draußen von der Straße die mehr oder weniger guten Gesangsqualitäten der entsprechenden Personen heraushören, so versuchte sich jemand an Queens „Bohemian Rhapsody“. Gelbe Recall-Zettel gehören zum Event allerdings genauso wenig wie ein Redaktions- und Kamerateam von RTL.

Man muss sich beim Event kostenmäßig nicht ins Unermessliche stürzen. Das Beste ist ohnehin der kostenlose Eintritt, wirklich jeder kann rein, raus und wieder reinkommen. Wie bereits erwähnt sind auch die Parkplatzmöglichkeiten in der Umgebung kein Problem, da diese allgemein uneingeschränkt sind. Keine Limitierung auf Zeit oder auf bestimmte Personen. Und wer Hunger auf was Gegrilltes bekommt, durfte sich an einem kleinen Balkon einen Röster oder Grillkäse für 1,50 € oder ein Steak für 3,00 € holen, jeweils mit Brötchen. Ein fairer Preis. Für 0,50 € konnte man sich noch einen Becher mit Limonade gönnen, für 0,30 € gabs Mineralwasser. Mit Pfand gab es für 1,00 € ein Glas Mate. Alles äußerst studentenkompatible Preise, so die Veranstalter.

Über die Namenswahl kann man sich streiten, das Event geht von 14 bis 1 Uhr. Mit einer kräftigen Mütze Schlaf oder viel Kaffee intus kann man sich die volle Zeit durchaus antun, jedoch würde ich das nicht unbedingt jeden empfehlen. Wer grundsätzlich an den Spielstationen interessiert ist und sich nicht unbedingt mit den zahlreichen Vorlesungen und Events dort anfreunden kann, hat innerhalb weniger Stunden sowieso alles gesehen, wobei man sich mit den Leuten dort äußerst nett unterhalten kann. Ein bisschen Mitleid darf man mit einigen schon haben, denn für den einzigen Tag müssen die das Equipment ein paar Stunden vor dem Event aufgebaut und kurz nach Ende des Events wieder abgebaut haben. Und wer da eine Konsole oder einen Computer angeschleppt hat, der schon eine zweistellige Kilogrammzahl wog, wird da wenig Vergnügen daran haben.

Aber selbst, wenn man – so wie wir – nur ein paar Stunden da war, lohnt sich der Besuch alle mal. Wenn man zu der Zeit einmal in Leipzig da ist, kann man sich die zahlreichen kostenlos erreichbaren Spielstationen durchaus antun. Hier wird man nicht unbedingt mit den Einschränkungen des Retro-Bereichs der gamescom konfrontiert: eine familiäre und akustisch deutlich angenehmere Atmosphäre und vor allen Dingen keine sehr engen Einsichten seitens Jugendschutz. Und durchquetschen muss man sich auch nicht, alles bleibt im übersichtlichen Rahmen. Und das ist beim größten Retro-Event Deutschlands ohnehin ein großer Pluspunkt. Da lohnt sich selbst der Wochenendausflug von Ortschaften weit weg von Leipzig. Denn die Lange Nacht der Computerspiele findet grundsätzlich immer an einem Samstag statt, dabei variiert der Veranstaltungstag zwischen den letzten Tagen im April oder den ersten Tagen im Mai. Wer die Möglichkeit hat, dorthin zu fahren: unbedingt nutzen.

Weitere Bilder zur 12. Langen Nacht der Computerspiele gibts in der Bildergalerie auf Imgur.

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