Mit der Veröffentlichung der PS3 verabschiedete sich Sony von der DVD. Stattdessen setzen die Japaner auf Blu-ray. Ihr Einsatz am Computer steht allerdings bis heute aus. Wieso?
Die Blu-ray-Disc ist inzwischen seit über zehn Jahren auf dem Markt und konnte sich im Vertrieb von Filmen zumindest parallel zur DVD, bei Konsolenspielen sogar gänzlich etablieren. Doch bei Computerspielen setzen die Unternehmen weiterhin auf die alte Technologie. Und das, obwohl in der Vergangenheit der Computer den Konsolen technisch immer voraus gewesen ist. Lässt sich ein Grund für diese Entwicklung ausmachen? Wohl eher nicht. Stattdessen handelt es sich um Wechselwirkungen verschiedener Einflüsse, deren Auswirkungen sich zwar nicht exakt, aber dennoch tendenziell einseitig deuten lassen. Dazu folgt eine Bewertung verschiedener Behauptungen und Hypothesen aus dem Internet.
I — Der Einstiegspreis der Blu-ray-Laufwerke war zu hoch.
Um diese These bewerten zu können, wurden Preise der ersten fünf Jahre nach Markteinführung für Endverbraucher von CD-, DVD- und Blu-ray-Laufwerken herangezogen. Um einen sinnvollen Vergleich zu ermöglichen, wurden die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze, der Umstieg von der Deutschen Mark zum Euro sowie der inflationsbedingt unterschiedliche Wert des Geldes beachtet und aus den Daten herausgerechnet. Da bei den angebotenen Produkten eine starke Streuung zwischen dem günstigsten und dem teuersten Laufwerk auftritt, handelt es sich bei den Daten jeweils um Durchschnittswerte.
Der direkte Vergleich dieser Daten zeigt, dass ein Kunde zum Marktstart für ein CD-Laufwerk mehr als doppelt so viel zahlen musste als für ein DVD-Laufwerk. Ein BD-Laufwerk war sogar noch einmal 25 % günstiger zu bekommen. Dem entgegen steht aber noch ein anderer Trend. Spätestens nach einem Jahr sanken die Preise für CD- und DVD-Laufwerke deutlich, während die der BD-Laufwerke nur langsam zurückgingen. Diese Preissenkung ist wichtig, damit die Verbreitung eines Produkts steigt und es sich etablieren kann.
II — Die Konkurrenz zwischen der HD-DVD und der Blu-ray-Disc haben einen Wechsel verhindert.
Die Produktion von Spielen für Konsolen hat einen entscheidenden Vorteil. Die Entwickler wissen genau, unter welchen Bedingungen das Spiel laufen soll, da die Hardware einer Konsole im Wesentlichen gleich ist. Es gibt kleine Unterschiede bei Controllern, Festplatten oder dem Zubehör, aber Prozessor, Grafik- und Soundchip, sowie der Arbeitsspeicher und das Laufwerk sind feste Komponenten, die als unveränderlich angesehen werden können. Für genau diese Bauteile wird dann das Spiel optimiert. Ist also ein beispielsweise ein HD-DVD-Laufwerk verbaut, muss das Spiel entsprechend auf eine HD-DVD passen, auch wenn dazu Kompromisse eingegangen werden müssen.
Am Computer sieht es hingegen anders aus. Dieser ist in unzähligen verschiedenen Varianten bei den Nutzern vertreten. Neben unterschiedlichen Prozessoren und Grafikkarten besteht hier auch die Möglichkeit unterschiedlicher Laufwerke. Lässt sich ein eindeutiger Standard oder zumindest ein stark überwiegender Trend nicht erkennen, laufen die Entwickler nun Gefahr, eine Gruppe der Nutzer auszuschließen, in dem sie ein Produkt nur auf einem Datenträger veröffentlichen. Alternative Strategie: Beide Datenträger unterstützen, in dem das Spiel auf die, vom Speichervermögen kleinere, HD-DVD optimiert und den Speicherplatz auf der Blu-ray-Disc ungenutzt gelassen wird oder umgekehrt die BD voll ausgenutzt wird, das Spiel dann aber auf zwei HD-DVD aufgeteilt wird. Eine Optimierung für beide Datenträger ist aus Kostengründen unwahrscheinlich.
Ein bislang außer Acht gelassener Faktor: Konsolen haben als kollektive Einheit einen vergleichsweise langen Lebenszyklus und eine neue Generation wird frühzeitig angekündigt, sodass die Entwickler langfristig mit einer festen Größe kalkulieren können. Die Hardware eines Rechners hingegen kann weitgehend unabhängig von den anderen Bauteilen modular ausgetauscht werden, sodass innerhalb kurzer Zeit eine Änderung der Zielgröße, also dem zu nutzenden Datenträger, vorliegen kann.
Die freie Wahl, die dem Computernutzer überlassen wird, hat zur Folge, dass er erst dann ein neues Laufwerk kaufen wird, wenn er überzeugt ist, dass es sich um die zukunftsfähigere Lösung handelt. Da der Konkurrenzkampf zwischen HD-DVD und Blu-ray zunächst ausgeglichen schien, haben sich viele Nutzer entschieden, bei ihrem alten DVD-Laufwerk zu bleiben, bevor sie unter Umständen die falsche Wahl treffen und sich der Kontrahent durchsetzt.
III — Die Blu-ray-Laufwerke sind noch immer zu teuer.
Aus dem Verlauf der Endverbraucherpreise der vergangenen Jahre lässt sich schließen, dass die Preise für neue DVD-Laufwerke weitgehend konstant geblieben ist, während die Neuanschaffungskosten für ein Blu-ray-Laufwerk kontinuierlich gesunken sind. Noch vor fünf Jahren musste ein Kunde für ein Blu-ray-Laufwerk das Sechsfache eines DVD-Laufwerks zahlen, inzwischen nur noch das Vierfache. Das ist allerdings noch nicht ausreichend um sich auf dem Markt durchzusetzen. Auch die CD-Laufwerke sind erst obsolet geworden als das DVD-Laufwerk sich dem Preisniveau dem des Vorgängers stark genug angenähert hat.
Außerdem verhalten sich Verbraucher und Produzenten vorsichtig. Es werden keine Videospiele auf Blu-ray-Discs veröffentlicht, solange die Zielgruppe keine entsprechenden Laufwerke besitzt. Umgekehrt kaufen die Verbraucher keine Laufwerke, solange sie keinen Nutzen dafür haben. Während sich dieser aktuell auf den Konsum von Filmen, Serien, und potenziell von Spielen, beschränkt, bestand dieser früher auch darin, Daten zu sichern. Mit USB-Sticks, externen Festplatten und Speicherkarten gibt es dazu derweil praktischere Lösungen mit höherer Speicherkapazität, die den Kauf eines neuen Laufwerks nicht notwendig machen.
IV — Der Umstieg lohnt sich nicht, weil Spiele zunehmend digital vertrieben werden.
Als die ersten Spiele auf CD erschienen sind, waren analoge Modem- und ISDN-Anschlüsse weit verbreitet. Deren Geschwindigkeiten lagen bei 56 bis 64 kbit/s. Das Herunterladen von einem Spiel, das eine CD nur anteilig mit 50 MB füllt, würde etwa zwei Stunden dauern. Doch auch für die geduldigen Nutzer gab es einen Nachteil. Es gab keine Flatrates und die Nutzung des Internets wurde mit horrenden Tarifen peinlichst genau abgerechnet. Folglich war der digitale Vertrieb von Spielen keine praktikable Option.
In den folgenden Jahren setzte sich nicht nur das Flatrate-Modell durch, es wurden auch zunehmend mehr Haushalte mit Breitbandinternet versorgt. Das konnte zunächst eine Downloadgeschwindigkeit von 1.024 kbit/s liefern. Inzwischen liegt die durchschnittliche Downloadrate in Deutschland bei über 15.000 kbit/s. Zwar ist auch der Speicherbedarf der Spiele gestiegen und das Herunterladen eines Spiels dauert daher noch immer etwa gleich lang, aber der Anteil der digital verkauften Spiele nimmt zu. Trotzdem tragen die höheren Geschwindigkeiten zur Verbreitung bei. Neben der ständigen Verfügbarkeit können Updates und Patches automatisch heruntergeladen werden und aufwendigere Mehrspieleroptionen ermöglicht werden. Außerdem steigt das Angebot der Spiele, da kleinere Entwickler die Spiele nun direkt veröffentlichen können, ohne Kosten für Verpackung, Logistik und Jugendschutzbehörden aufwenden zu müssen.
Fazit
Zwar war das Blu-ray-Laufwerk zu seiner Markteinführung nicht teuer, blieb aber in den Folgejahren stabil im Preis. Weiterhin hielt auch der Kampf zwischen HD-DVD und Blu-ray-Disc die Konsumenten vom Kauf ab, zumal ein solches Laufwerk wenig Nutzen mit sich brachte als die Vorgänger. Die Datensicherung war inzwischen mit anderen Speichermedien einfacher und günstiger handzuhaben. Der Anstieg der Internetgeschwindigkeit und der daraus folgende Aufschwung der digitalen Verkäufe führt dann dazu, dass sich die Blu-ray-Disc nicht etablieren kann. Daran kann auch der zwischenzeitlich angestiegene Preissturz nichts ändern.
Vielleicht wird die Blu-ray-Disc noch in den Spielemarkt drängen, vermutlich wird sich ihre Präsenz dann aber auf die physischen Sammlereditionen beschränken. Gespielt wird in Zukunft voraussichtlich digital. Mit der passenden Technik werden Spiele nicht einmal mehr klassisch heruntergeladen und auf der Festplatte gespeichert, sondern können direkt aus der Leitung in den Arbeitsspeicher gestreamt werden.
Zusätzliche Quellen: Akamai’s State of the Internet Report, Alternate GmbH, Avitos GmbH, BIU Jahresreport 2017, BZW Elektronik GmbH, Computer Profis GmbH, CSD Computer, Media-Saturn Holding GmbH, Mindfactory AG
Zusätzliche Bildquellen: Beitragsbild von PublicDomainPictures auf Pixabay, zweites Bild von Petr Kratochvil auf PublicDomainPictures veröffentlicht, genutzt unter CC0
schumi1331
Ich denke insbesondere der letzte Punkt ist der entscheidende. Zwar zähle ich sicherlich nicht zum Durchschnitt, aber mein PC-Laufwerk wurde sicher seit drei Jahren nicht mehr verwendet, außer weil meine Hochschule die Bachelorarbeit in vierfacher Ausführung auf CD benötigt hat. Mein Notebook hat gar kein Laufwerk mehr und wo die jüngere Generation umso mehr mit dem Smartphone erledigt, desto mehr sehe ich Datenträger wie die DVD oder BD ohne Zukunft auf dem Massenmarkt.
Sven
Das sehe ich ganz ähnlich. Mein Laufwerk im Computer brauche ich allenfalls zum Spielen älterer Spiele. Das Laufwerk in meinem Notebook habe ich bisher noch gar nicht gebraucht. Dass DVD und BD in näherer Zukunft ganz verschwinden bezweifle ich. Die CD gibt es ja auch noch. Aber es ist unwahrscheinlich, dass diese Datenträger noch einmal neue Einsatzzwecke finden werden. Stattdessen werden viele Dinge online und mobil passieren.