Need for Speed III: Hot Pursuit • Eins, zwei, Polizei

Die Polizei kehrt im dritten Teil der Need-for-Speed-Serie zurück auf die Straße. Doch die Blaulicht-Hatz ist nicht das Einzige, was den 25 Jahre alten Spross der legendären Reihe auszeichnet.


Die Vorderseite der Packung der deutschen Erstauflage, die identisch ist mit allen in Europa veröffentlichten Auflagen.

1997 hat sich Electronic Arts mit dem zweiten Teil von Need for Speed nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert, war es grafisch kein Highlight und das Handling zu wild. Hinter dem eigentlich grundsoliden Spiel steckten doch einige Kinderkrankheiten, die die Trophäe der Bestwertung in weite Ferne rücken. Einige Verbesserungen schafften es in die wenige Monate danach erschienene Special Edition.

Unter dem Zusatztitel „Heiße Verfolgungsjagd“ erschien Ende September 1998 der dritte Teil der Rennspielserie. Die Packung zeigt es groß und klar: Der überwiegende Fokus liegt auf dem ewigen Kampf zwischen den Rasern und der Polizei. „[M]it [dreizehn] […] Sportwagen“ und neun Kursen, die sich an kanadischen Gebieten orientieren, wollen die Entwickler den Renngeist im Spieler wecken.

Rasen mitohne Stil

Im kräftig blau gehaltenen Menü mit rumschwirrenden Automarken-Logos, das keinerlei Fragen stellen sollte, können die auswählbaren Modi angesteuert werden. Sei es für sich selbst oder für eine Partie zu zweit. Wie beim bisherigen Teil können Fahrzeuge und eine Bonusstrecke freigeschaltet werden, weshalb zu Beginn in den Modi nur die Standardauswahl zur Verfügung steht. Ausgerechnet die nach langer Verweilpause abgespielten Videos und die Statistiken im Fahrzeugmenü verraten, was einem erwartet.

Die 3D-Fähigkeiten des Rechners werden schon im Menü ausgenutzt, wenn man ein Fahrzeug auswählen möchte. Ein rotierendes Fahrzeugmodell mit den offiziellen Farbnamen der Modelle wird präsentiert. Erstmals kann sogar eine x-beliebige Farbe fürs eigene Vehikel ausgewählt werden. Und wer sich über die Strecke informieren möchte, kriegt noch genauere Daten spendiert; einzelne Streckenabschnitte werden anhand von Ingame-Screenshots erklärt. Natürlich von Egon Hoegen.

„Turnier“ und „Knockout“ stellen Meisterschaftsmodi dar, dessen Streckenverlauf nicht manipuliert werden kann. Im Turnier werden vier Runden, im Knockout zwei Runden gefahren. Turnier folgt einem Punktesystem, während im Knockout immer der Letztplatzierte ausscheidet. Einzig der angeworbene Modus „Verfolgung“ fühlt sich ein wenig wie „Einzelrennen“ an, jedoch kann man mit der Auswahl eines entsprechenden Fahrzeugs selbst in die Rolle des Polizisten schlüpfen.

Mein Maserati fährt 210, schwupp die Polizei hat’s nicht gesehen…

Der Fuhrpark von Need for Speed III überzeugt mit einer schicken Auswahl an sündhaft teuren Sportwagen. Das Cover ziert ein Lamborghini Diablo SV, doch auch die Hersteller Ferrari, Jaguar und Italdesign aus dem Vorgängerteil sind mit einigen ihrer Modelle vertreten. Mit dem Mercedes-Benz SL 600 hat sich allerdings ein Coupé reingeschlichen. Mit dem El Nino hat Electronic Arts ein freischaltbares Fantasiefahrzeug ins Spiel integriert. Aus der Palette existieren drei Vehikel in einer Polizeiversion. Und da es sich um einen älteren Need-for-Speed-Teil handelt, ist optisches Tuning tabu. Dafür gibt es Feinjustierungen unter der Haube des ausgewählten Fahrzeugs.

Und dieser Fuhrpark darf auf Strecken bewegt werden, die durchaus eine Herausforderung für die zahlreichen Vehikel darstellen könnten, jedoch nicht so sehr wie im Vorgänger. Es gibt weniger Rampen, die mit Vorsicht zu genießen sind. Dafür gibt es reichlich Sightseeing. Eine Zugbrücke in „Redrock Ridge“, ein riesiges Aquarium im Tunnel der Strecke „Aquantica“, sogar die Titanic hat ihren Auftritt. Zwar wird ein flottes Geschwindigkeitsgefühl vermittelt, doch die ganzen Details gehen nicht so schnell unter. Wenn dann eher die kleinen, aber feinen Abkürzungen.

Schwierigkeitsgrade gibt es nur in den Meisterschaften und bei der Einstellung der Fahrhilfen. Eine Unterscheidung zwischen Arcade und Simulation ist den PC-Spielern verwehrt geblieben. Übrig bleibt dennoch ein meist untersteuerndes, aber beherrschbares Arcade-Handling. Das hat allerdings zur Folge, dass sich die KI weiterhin sehr nervös hin- und herbewegt und gelegentlich ihre Freude am Verdrängen preisgibt.

This ist the sound of da police…

Selbst wenn das Menü es nicht so ganz offenbaren möchte: Die Verfolgungsschlachten mit der Polizei sollen nicht nur das Highlight sein, sie sollen darüber hinaus auch noch „heiß“ sein. Wird es für Rennfahrer nun eine Zitterpartie?

In der Rolle des Rasers tritt man gegen einen Kontrahenten an. Im Laufe des Rennens warnt eine Anzeige vor der Anwesenheit von Polizeiwagen. Begleitet werden die Partien von Funksprüchen, die mal auf dem rechten, mal auf dem linken Lautsprecher zu hören sind. Gemeldet werden Verfolgungen von entsprechenden Fahrzeugen, etwa eine rote Corvette, die die Höchstgeschwindigkeit massiv überschreiten. Und kommt ein Polizist entgegen, gilt es, geschickt auszuweichen. Sonst steht der freundliche Wachmeister am Fenster und spricht eine Verwarnung aus.

Kritisch werden Situationen, in denen Straßensperren oder gar die Auslegung von Krähenfüßen angekündigt werden. Zwar waren die Straßensperren im Testverlauf unspektakulär, dennoch werden Durchquerungen ebendieser über Funk mitgeteilt. Trotz des Nichtvorhandenseins eines Schadensmodells durchlöchern die Krähenfüße die eigenen Reifen. Oder lässt sie komplett verschwinden. Nach dreimaligem Erwischen endet das Rennen in einer Verhaftung.

Wird ein Pursuit-Wagen ausgewählt, schlüpft man mit vielen HUD-Elementen selbst in die Rolle des Polizisten. Man hat dann die Aufgabe, alle Rennteilnehmer zu verhaften. Ja, sie werden ohne Wenn und Aber sofort dingfest gemacht. Allerdings bekommt man keine Hilfe von Kollegen, sondern muss auf eigene Faust die bösen Buben aufhalten, was gar nicht so leicht ist. Zum Glück kann man den Rasern wortwörtlich entgegenkommen oder selbst den unendlichen Vorrat an Krähenfüßen auslegen.

Fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn

Damit das Spiel die im Testsystem eingebaute Grafikkarte erkennen konnte, war ein kleiner Patch notwendig. Sobald die Auflösung auf 800×600 Pixel festgelegt wurde, waren insbesondere die Partien mit Witterungsbedingungen von gelegentlichen Rucklern geprägt. Weniger ruckelig wurde es dagegen bei 640×480 Pixel. Abstürze gab es keine.

Grafisch hat sich der Teil gegenüber der Special Edition vom Vorgänger ein wenig rausgeputzt; zwischen der Grafik des zweiten Teils liegen allerdings Welten dazwischen. Komischerweise kommen die Lichteffekte nur bei Nachtfahrten richtig zur Geltung, selbst wenn man auch ohne Nachtfahrt bei einigen Strecken in der Abenddämmerung fährt. In der Cockpit-Perspektive sind die Helligkeitsveränderungen ebenfalls zu sehen.

Die Mischung aus Techno- und Metalmusik wurde hier wieder erstklassig ausgewählt. Die Musiktitel werden während des Rennens wie beim Vorgänger interaktiv wiedergegeben und verändern sich je nach Streckenabschnitt, Position und Geschwindigkeit. Außerdem klingen die Motorensounds solide und sind im Innenraum besonders deutlich zu hören.

Heißer als die Polizei erlaubt

Außerhalb der Rennpartien gibt es reichlich Informationsgehalt, sei es zu den Strecken oder zu den Fahrzeugen.

Need for Speed III: Hot Pursuit bringt mit den Verfolgungsjagden frischen Wind in die Serie. Hat man die Polizei noch im Vorgänger redlich vermisst, sind sie nun zu einem Spielelement geworden. Und der Nervenkitzel beider Seiten ist definitiv gegeben und motiviert zu mehr Spielstunden. Insbesondere im Mehrspieler-Modus, in dem sich etwa zwei Leute eine wilde Schlacht liefern können.

Sieht man von der etwas wilden KI ab, überzeugt aber auch der klassische Rennspielpart des dritten Teils von Need for Speed. Die Umgebungen laden zum Geschwindigkeitsrausch ein, die Fahrzeuge steuern sich unterschiedlich und allein der angebotene Umfang mag durchaus zu gefallen. Nur das arcadelastige Fahrverhalten und die seltsame Physik dürften nicht jedermanns Sache sein.

Wertung 4/5

Die Polizei – Dein Feind und Rächer. Zumindest im dritten Teil von Need for Speed sind die heißen Verfolgungsjagden kein müdes Marketing, sondern eine willkommene Abwechslung für die Rückkehr der Ordnungshüter, die jetzt als ganzes Spielelement dabei sein dürfen. Und egal, ob man in die Rolle des Rasers oder des Polizisten schlüpft, jede Seite motiviert ungemein. Doch selbst die klassischen Rennpartien mit Lamborghini, Ferrari & Co. lassen das Benzin im Blut sprießen. Sofern man die Gegner bei ihrem wilden Spurwechsel nicht unfreiwillig küsst oder bei seltsamen Unfällen die Physik nicht mitspielen möchte.


Testsystem

Betriebssystem:Microsoft Windows 98 SE
Prozessor:Intel Pentium II 350
Grafikkarte:3dfx Voodoo 3 3000 AGP
Sound:Creative SoundBlaster Live! Value CT4670
Festplatte:Samsung SpinPoint SV4084H (40GB)
Arbeitsspeicher:256 MB SDRAM

Daten zum Spiel

Titel:Need for Speed III: Hot Pursuit
Erscheinungsdatum:30. September 1998
Entwickler:Electronic Arts Canada, EA Seattle
Publisher:Electronic Arts
System:PlayStation, Windows
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