Am letzten November-Wochenende waren die Räume der Zeche Zollverein im Norden von Essen wieder Austragungsort des Next Level Festivals. Mit der Ausstellung wurden Videospiele als Kunstform gefeiert.
Vom 25. bis zum 27. November haben das NRW-Kultursekretariat und das Kulturamt der Stadt Essen in den Hallen der Zeche Zollverein das Next-Level-Festival ausgetragen. Kurator Tobias Kopka stellte verschiedene Videospiele zu einer Ausstellung zusammen. Darüber hinaus gab es für die etwa 2.300 Besuchenden unterschiedliche Performances, Vorträge und Diskussionen mit Kontext zum digitalen Spiel.
Wie auch in den vergangenen Jahren teilte sich die Veranstaltung auf unterschiedliche Hallen der Essener Industriestätte auf. Neben der zentralen Ausstellung im zweiten Obergeschoss von Halle 12, gab es weitere Stationen im Erdgeschoss sowie in den Hallen 5 und 6. Halle 10 und der Kokskohlenbunker waren Ort für Workshops und Diskurs.

Vier Landschaften in einer Halle
Die obere Etage von Halle 12 teilte sich in vier unterschiedliche Themenbereiche auf. So ging in ausgewählten Spielen wie Behind the Frame: The Finest Scenery oder Sayonara Wild Hearts darum, Spielwelten zu entdecken, zu erleben und uns über die neuen Erfahrungen auszutauschen. Aber auch der virtuelle Kontakt zwischen Spielenden kam nicht zu kurz: In Multiplayer-Games wie Unrailed! oder Spitlings steht das Spielen mit- und gegeneinander im Vordergrund. Dabei stellt sich natürlich die Frage: Konkurrenz oder Kooperation? Nicht jedes Multiplayer-Spiel kann beides, oft steht eine Mechanik im Vordergrund. Aber: Warum ist das so und was macht das mit uns?

Ungeachtet der Anzahl und Konkurrenzsituation von Spielenden haben viele Titel ein Ziel: uns das Leben so schwer wie möglich machen. Schwierige Rätsel, ausdauernde Kämpfe oder schnelle Bewegungen müssen wir durchstehen, um erfolgreich zu sein. Längst gibt es auch Spiele, die anders funktionieren, aber im historischen Kontext geht es beim Spielen um eines: das Gewinnen. Um das zu verdeutlichen, standen Spiele wie Beat Saber oder You Suck at Parking zum Anschauen und Anfassen bereit.
Tanz, Tisch, Tennis
Neben weiteren Titeln stand im Erdgeschoss von Halle 12 das Thema Rassismus im Vordergrund. Konkret handelte es sich um die Performance Debug, die von Studierenden der Technischen Hochschule Köln ins Leben gerufen wurde. Ihr Ziel ist es, rassistische Mikroaggressionen auch für nicht davon betroffene Menschen sicht- und erlebbar zu machen. Dazu tauchten Spielende in eine virtuelle Realität ein, in der sie auf dem Weg aus einem abgeschirmten, paradiesartigen Bereich zu einem Ziel gelangen sollen. Auf dem Weg dorthin griffen ständig aus allen Richtungen laut summende Mücken an. Ignorieren oder sich gegen sie wehren? Beides ist gleichermaßen anstrengend und dient als Analogie zu den Mikroaggressionen.

In Halle 6 sorgte der Videospiel-Essay Opera: A Future Game gleichermaßen für Aufmerksamkeit, Schrecken und Verwirrung. In einer fernen Zukunft befindet sich ein Chor in einer Katastrophe, hat Teile der Erinnerung verloren und spricht mit einem Cyborg. Aber plötzlich glaubt der Chor, aus den 1830er Jahren zu stammen und an der Gründung Belgiens beteiligt zu sein. Vielleicht ist die Zukunft ja auch gar keine Katastrophe?
Halle 5 verfügte über gleich zwei Performances: In I Spy with My Little Eye traten sich Besuchende und Tanzende in VR gegenüber, schafften nonverbale Bindungen zueinander und kommunizierten durch Bewegungen. Ebenfalls um Bewegungen ging es in Pung/Pang/Peng. Ein fast normales Tischtennis-Spiel wurde zur musikalischen Komposition. Mikrofone unter der Platte nahmen die Aufpralle des Balls wahr und ein Computer generierte daraus ein wahrscheinlich einmaliges Musikstück. Für die Spielenden gab es erschwerende Elemente wie Löcher in der Platte oder Laubbläser, die auf den Ball gerichtet waren.

Kluge Köpfe, kluge Themen
Videospiele sind nicht einfach nur ein Unterhaltungsmedium, sondern wirken auch auf zahlreiche Bereiche unseres Lebens. Und als solche waren sie Objekt von unterschiedlichen Vorträgen, Diskussionsrunden und Workshops, die ihrerseits einen nicht unwichtigen Teil des Festivals ausmachen. Unter anderem im Fokus standen Videospiele im Kontext von Demokratie, Gesellschaft und Teilhabe. Die Workshops für Schulklassen befassten sich unter anderem mit dem Testen von Videospielen und oder den Einsatz von Roboterprogrammierung. An Erwachsene richteten sich Themen wie toxische Gaming-Communitys oder der Einsatz von Videospielen zur Inklusion.

Erstmals fand das Next-Level-Festival 2010 in Köln statt. Zwischenzeitlich gastierte die Veranstaltung im NRW-Forum in Düsseldorf, seit 2019 ist die Zeche Zollverein in Essen regelmäßiger Austragungsort. Seit Anbeginn sind Videospiele im gesellschaftlichen und kulturellen Kontext der Fokus des Festivals. Eine Fortsetzung für 2023 ist geplant.