Nach der LKW-Simulation 18 Wheels of Steel versuchte sich das tschechische Entwicklungsteam SCS Software an der virtuellen Personenbeförderung. Doch hier gibt es ganz eigene Ansprüche.
Hinter das Steuer geklemmt und schon geht die Fahrt los. In Bus Driver schlüpfen wir in die Rolle eines Busfahrers in einer amerikanischen Stadt. Um administrative Aufgaben wie das Kaufen und Mieten von Bussen, Festlegen von Ticketpreisen oder Schalten von Werbekampagnen wie im Bus-Simulator 2008 müssen wir uns hier nicht kümmern. Hier geht es einzig um das Busfahren. Also: Alles einsteigen, bitte!
Eine Fahrschule, in der wir die Fahreigenschaften oder die Steuerung erlernen können, gibt es nicht. Wir starten direkt in die erste von insgesamt 30 Missionen, die den Titel „Fahren lernen“ trägt. Anstelle einer Dienstfahrt zum nahegelegenen Bushof sind wir für die unliebsame Arbeit zuständig und müssen die morgendliche Schulfahrt zum Schwimmwettbewerb übernehmen. Offenbar vertraut uns die Geschäftsführung auch ohne Erfahrung gleich eine ganze Schulklasse an.

In den folgenden Missionen fahren wir unterschiedliche Busse mit ganz eigenen Aufgaben. Die Geschäftsleute wollen vom Flughafen ins Hotel und die Urlaubsgäste ins Skigebiet gebracht werden. Im Nacken haben wir dabei immer den Fahrplan, der bestmöglich eingehalten werden will. Wird die Verspätung zu groß, sinkt die Stimmung hinter dem Cockpitsitz. Ebenfalls ein Stimmungskiller: abrupte Bremsmanöver. Treten wir das Pedal zu fest, bestrafen die Fahrgäste das gleich mit lautem Schreien und Kreischen. Interessanterweise stören solche Manöver in den computergesteuerten Verkehrsfahrzeugen nicht. Bei plötzlich rot werdenden Ampeln können sie in Rekordzeit ihren Wagen zum Stillstand bringen.
Nächste Station: China
Aber nicht nur das sanfte Bremsen und das Einhalten des Fahrplans gehören zu unseren Aufgaben. Auch die übrigen Verkehrsregeln wollen eingehalten werden. Fast schon wie beim chinesischen Social-Scoring-System werden wir stets überwacht. Korrekte Verhaltensweisen wie das Blinken beim Abbiegen und Spurwechseln oder das Abwarten von grünen Ampeln wird belohnt. Unfälle, Rotlichtverstöße, Geisterfahren und die Nichtbenutzung des Fahrtrichtungsanzeigers werden entsprechend bestraft und fließen in die Gesamtwertung einer Mission ein. In diesen Punktstand fließt dann auch die Pünktlichkeit und die Anzahl der Fahrgäste ein.
Letztere hängt nicht nur von der jeweiligen Route, sondern auch von der Stimmung im Bus ab. Eine weitere Möglichkeit, die Zufriedenheit zu senken, ist übrigens auch das sinnlose Hupen an der Haltestelle. Während der Fahrt stört es die Insassen allerdings nicht. Das Entwicklungsteam schien sich diesen strengen Regeln durchaus bewusst zu sein und spendierte eine Mission, die praktisch ohne Regeln auskommt.

Beim Gefängnistransport werden Häftlinge durch die Stadt chauffiert. Selbstverständlich werden wir von einem Polizei-Helikopter eskortiert und müssen die jeweiligen Kontrollpunkte der Streifenwagen durchqueren. Ansonsten gelten für uns weder Zeitlimit noch Verkehrsregeln. Allerdings können wir die zunächst mies gelaunten Strafgefangenen mit waghalsigen Fahrmanövern und Unfällen aufheitern und ernten als Belohnung ein dreckiges Gelächter. Eine entspannende Abwechselung vom Alltag.
Nächste Station: Wetter (Ruhr)
Abwechselung bietet auch das Wetter. So gibt es nicht nur Schönwetterfahrten, sondern auch Missionen im Regen oder bei schneebedeckter Fahrbahn. Die unterschiedlichen Witterungsbedingungen beeinflussen dabei auch das Fahrverhalten des Busses. Ganz im Gegenteil zum jeweiligen Busmodell. Ob Niederflurbus, Reisemobil oder doppelstöckige London-Touri-Kutsche: die Vehikel fahren sich praktisch identisch. Das ist schon schade, da gerade bei großen und schweren Fahrzeugen eine zusätzliche Herausforderung interessant gewesen wäre. Gleiches gilt übrigens auch für die immergleichen Soundeffekte der Busse, die zwar durchaus an ein originales Vorbild erinnern, aber auf Dauer ziemlich öde werden. Wegen der Bremssimulator empfiehlt sich übrigens ein Gamepad, aber auch mit Tastatur steuert sich das Spiel ordentlich.
Optisch macht das Spiel einen soliden Eindruck. Die unterschiedlichen Busse sehen vernünftig aus, wenn auch die Umgebung nicht immer ganz detailliert dargestellt werden kann und auch die Wettereffekte an einigen Stellen ausbaufähig gewesen wären. Insgesamt wirkt die Grafik aber bunt, verspielt und geht schon fast in eine cartoon-artige Richtung. Im Kontext des Spiels ist das jedoch nicht unbedingt negativ, denn so wird bereits visuell verdeutlicht, dass es sich bei Bus Driver eben nicht um eine bierernste, knallharte Simulation handelt, sondern um den virtuellen Straßenteppich aus der Perspektive hinter dem Buslenkrad.

Die große Karte macht ordentlich Eindruck. Es gibt verschiedene Stadtteile, ländliche Regionen, Autobahnen und einen Flughafen – für eine gute Menge Szenarien ist gesorgt. Jedoch fehlt dem Geschehen die Dynamik. Obwohl es andere Verkehrsbeteiligte gibt, wirkt die Darstellung oft starr. Es passiert praktisch um das Busfahren herum. Die KI-Autos halten sich brav an die Regeln, es gibt keine Unfälle oder ernstzunehmende Staus. Auch auf Menschen zu Fuß wurde verzichtet. Das ist recht eintönig.
Zu der bunten Optik passt auch die grafische Oberfläche, die über Karte, Tacho, Fahrgäste und den Punktestand informiert. Statt zwei Leisten aber oberen und unteren Bildschirmrand hätte sicher auch eine kompaktere Darstellung funktioniert, aber das soll nur ein kleiner Kritikpunkt sein. Ein größeres Problem stellt die obere Leiste im Breitbildformat dar. Beim Warten an der Ampel verschwindet diese hinter der Leiste und ist nicht mehr zu sein. Als Orientierung dient dann nur noch die rote Ampel des Querverkehrs. Im 5:4-Format tritt dieses Problem nicht auf. Auch schade: Die Entfernungen und Geschwindigkeiten werden im imperialen System dargestellt. Eine Option für metrische Einheiten gibt es nicht.
Endstation, bitte aussteigen!
Die verspielte Grafik und die abwechslungsreiche Umgebung laden zur gelegentlichen Fahrt zwischen Stadt, Land und Flughafen ein. Beim längeren Spielen stören aber trotz unterschiedlicher Wettersituationen das immergleiche Fahrverhalten der Busse, die öden Soundeffekte und die langweilige Verkehrssimulation. Aber wer Bus Driver nicht als ernstzunehmenden Simulator ansieht, kann durchaus Freude an einer Runde zwischendurch haben.
Daten zum Spiel
Titel: | Bus Driver |
Erscheinungsdatum: | April 2007 |
Entwickler: | SCS Software |
Publisher: | Emme Deutschland |
System: | Windows |