Holiday Island • Urlaub machen… wortwörtlich

Andere nutzen den Urlaub zur Entspannung. In Holiday Island macht der Spieler für diese Leute den Urlaub, indem er ein Ferienparadies auf Inseln baut. Ob das auch entspannt geht?


Die Vorderseite der Packung

Traumhaftes Wetter, Sonnenschein, Spaziergänge am Meer und abends noch einen Cocktail im Liegestuhl schlürfen – den Urlaub auf Trauminseln zu verbringen kann schon etwas Schönes sein. Das ist allerdings gerade in Coronazeiten völlig tabu, selbst wenn man der winterlichen Kälte zu gerne entkommen möchte. Mit einem Spiel von Sunflowers holt man sich dieses Gefühl von Wärme auf den heimischen, aufwärmenden Computer.

Dabei ist der Veröffentlichungszeitpunkt mit Dezember 1996 für den ein oder anderen etwas eigenartig gelegt. Da denkt man in erster Linie an Weihnachten, Glühwein, Schnee und Geschenke. Aber es ist ja auch etwas Feines, sich an kalten Tagen an den PC zu setzen und eine (oder mehrere) Insel(n) mit Übernachtungsmöglichkeiten, Läden, Restaurants, Sehenswürdigkeiten und so weiter auszustatten. Sim City im Urlaubsmodus sozusagen.

„Ich hab ’nen Bungalow in Santa Nirgendwo“

Im recht simpel aufgebauten Hauptmenü lassen sich flott einige Einstellungen für die Generierung des künftigen Ferienparadieses vornehmen: Ob es ein Atoll, viele Inseln oder eine einzige große Landschaft mit vielen bergigen oder flachen Passagen werden soll und gegen wie viele Kontrahenten man das beste Urlaubsziel für Sonnensüchtige anbieten möchte. Wer auf dieses unendliche Abenteuer keine Lust hat, kann mit den sechs Szenarios bestimmte Ziele, wie das Erreichen einer beliebigen Summe oder das Anlocken möglichst vieler Urlauber, erreichen.

Im Spiel gilt es, sich einen guten Startplatz auszusuchen. Das bloße Drauflosbauen darf man sich allerdings nicht erlauben, denn in der Spielwelt besteht die Umgebung aus Meer. Die „Kundschaft“ muss es also irgendwie auf die Inseln schaffen. Dafür stehen Schiff- und Flughäfen zur Verfügung. Je nachdem, wie groß diese Gebäude sind, dauert es eine gewisse Zeit, bis diese fertiggestellt sind. Im Gegensatz zu typischen Vertretern des Aufbauspiel-Genres benötigen große Gebäude eine gewisse Anzahl an Tagen im Spiel, bis diese fertig gebaut sind.

Vor allen Dingen muss der Spieler ein klein wenig darauf aufpassen, was wohin gebaut werden darf. Einige Gebäude können nur auf Gras, einige nur auf Sand errichtet werden und manche verlangen explizit ein ebenes Gelände. Das Spiel erlaubt Straßenverbindungen quer über die Inseln, allerdings sollte man sich nicht auf eine automatische Geländeanpassung beim Bauen ebendieser verlassen, denn auf Stellen mit mehreren Schrägen lassen sich keine Straßen bauen. Da muss selbst Hand angelegt werden, was nicht unbedingt günstig ist.

„Woah, I’m going to Barbados…“

Im Laufe der Zeit kommen die Urlaubssüchtigen und wollen in ihre Unterkünfte einchecken, um danach die verfügbaren Beschäftigungsmöglichkeiten ausnutzen. Wie gut sie diese ausnutzen, lässt sich in der standardmäßigen Einstellung an einem bunten Balken rund um die Gebäude erkennen. Rot bedeutet eine geringe bis gar keine, hellgrün wiederum eine vollständige Auslastung. Je mehr es Richtung grüne Farbe geht, desto eher übersteigen die Einnahmen die Kosten. Das gelingt nicht immer mit jedem Gebäude und muss je nach Lage entsprechend angepasst werden. Doch zu Beginn ist ohnehin nicht das volle Portfolio an Gebäuden vorhanden.

Wenn die Urlauber einmal die bebauten Inseln erobert haben, nutzen sie sämtliche freien Plätze in der Umgebung aus. Besondere Anziehungskraft zeigen dabei die Bereiche am Strand in unmittelbarer Nähe zum kühlen Nass. Und davon lassen sich die Sonnenanbeter nicht einfach so vertreiben. So können dem Spieler wichtige Einnahmen durch Strandkörbe, Bars, Beachvolleyball-Plätze und vielem mehr entgehen. Diesem Ärger zum Trotz ist die Variation an Menschen an den Stränden für Liebhaber kleiner Details in Videospielen äußerst nett anzusehen. Die einen breiten sich mit Handtüchern aus, die anderen suchen unter einem Sonnenschirm Schutz vor UV-Strahlen.

Detailverliebte finden in Holiday Island eine Menge schicker ansehnlicher Animationen, die auf den bebauten Inseln vorzufinden sind. Am Tennisplatz wird Tennis gespielt, in der Diskothek wird hin und wieder die Musikanlage angeschmissen und das Tanzbein geschwungen, in der Minigolf-Anlage locht jemand ein; und dabei bleibt es nicht. Sobald Fahrzeugverleihe aufgestellt werden, lassen sich Fahrräder und Autos auf den Straßen blicken. An Flughäfen landen Flugzeuge, an Häfen fahren Schiffe ein, in der Nähe von Surfbrettverleihen gleiten sogar Surfer davon. Der Wuselfaktor ist da, sofern alles klappt.

„Heeey, ab in den Süden“

Der Spielverlauf besteht nicht nur aus dem Ausbau des eigenen Paradieses, sondern auch aus verschiedenen Ereignissen. Ein Fernseher mit einer Nachrichtensprecherin wird auftauchen und Neuigkeiten mitteilen. Meistens stehen Verkäufe von Sehenswürdigkeiten wie der Osterinseln, der Stonehenge, der Sphinx oder des Brandenburger Tors (mit dem Argument, dass ein Tor ohne Mauer darum keinen Sinn ergeben würde) an, die man in einer Auktion ersteigern kann. Für einen kleinen Extrabeitrag lässt sich diese Sehenswürdigkeit auf der eigenen Insel platzieren und lockt mit etwas Glück ein paar Urlauber an.

Teilweise werden aber auch Sponsoren für Events wie Tennismeisterschaften oder Wahlen zur Miss Holiday gesucht. Das geschieht ebenfalls durch eine Auktion. Für eine kurze Zeit wird dieses Event ein Publikumsmagnet. Nicht selten verursachen lange nicht genutzte Plätze ein großes Loch in den Finanzen. Sonst ist ein weiterer Kredit notwendig, der Zinsen verursacht. In jedem Spiel beginnt man mit einem gewissen Kredit, den man mit etwas Glück nach und nach tilgen kann.

Wenn der Punkt bei den Optionen gesetzt wurde, geschehen Katastrophen im Spielverlauf. Diese äußern sich zum Beispiel durch Erdbeben, indem das Spielfenster wackelt und sich der Zustand sämtlicher Gebäude verschlechtert, oder Ölteppiche in der Nähe einer Insel. Dagegen kann man sich in Form einer Versicherung absichern, welche zwar nicht die Gebäude ersetzt, aber die Kosten für die Renovierung deckt, die sich zudem automatisieren lässt. Der Zustand der Plätze und Gebäude kann sich verschlechtern, macht sich aber nur bei einem Blick in die Statistiken bemerkbar.

„Holiday, celebrate,…“

Ganz frei von Eigenartigkeiten ist Holiday Island keineswegs. Beim Ändern der Himmelsrichtung drehen sich einige Objekte mit, was keinen Sinn ergibt. Auf einmal befindet sich der Eingang nicht an der Straße, sondern führt genau von ihr weg. Fahrzeuge überqueren eine Brücke nicht unbedingt sauber, sondern wechseln dabei gerne die Spur. Und die Tatsache, dass sich bei einer höheren Desktop-Auflösung das Spielfenster mit dem Spielgeschehen nicht vergrößert, verbessert nicht unbedingt die Übersicht, selbst wenn die restlichen Fenster das Geschehen nicht mehr komplett überdecken.

Die Entwickler haben mit dem Spielstand „TUTORIAL“ eine vorgefertigte Insel bereitgestellt. Ein Tutorial im engeren Sinne ist es allerdings nicht, denn für die sämtlichen Erklärungen, was wie wo gemacht wird, bleibt dem Spieler der Griff zum Handbuch oder zur Eigeninitiative nach dem Motto „Learning by doing“ nicht erspart. Zudem muss der Spieler auf die Position einiger Gebäude achten. Ein Hotel neben einer Müllhalde zieht nicht sehr viele Urlauber an. Eine fehlende Straßenverbindung zwischen Zugängen zur Insel und den Beschäftigungsmöglichkeiten auf ebendieser wirkt sich negativ auf die Auslastung aus. In den Finanzen lässt sich noch die Möglichkeit von Werbung einstellen, das sorgt für einen bestimmten monatlichen Betrag für Zuwachs an Urlaubern.

Technisch lief das Spiel auf dem Testsystem überwiegend gut, solange nicht viel gebaut wurde und die Auflösung bei 640×480 Pixel belassen wurde. Bei einem höheren Ausbau und einer höheren Auflösung sind einige kleine Gedenksekunden keine Seltenheit. Außerdem wurde ein seltsames Tonproblem festgestellt, bei dem die Soundeffekte komplett gefehlt haben, bis eine Mitteilung kam. Und da ein Scrollrad im Jahr 1996 noch ein Exot auf der Maus darstellte, ist das Scrollen durch die Karte etwas mühselig gestaltet. Die rechte Maustaste wird da mit einigem Widerwillen zum besten Freund.

Sunflowers hat dem Spiel zudem Videosequenzen kredenzt, die allerdings mit äußerst hässlichen Figuren und spärlichen Animationen daherkommen. Das spiegelt allerdings den Humor von Holiday Island wider. Detaillierter wird es eher im restlichen Spielgeschehen, welches sich grafisch an Sim City 2000 oder Transport Tycoon anlehnt. Die Schrägen des Geländes sind in diesem Spiel auf den ersten Blick nicht so gut ersichtlich wie bei der Konkurrenz, doch mit der Zeit gewöhnt man sich an den Anblick. Zur besseren Übersicht hätte ein Zoom nicht geschadet.

Reif für die Insel?

Urlauber nehmen die freien Plätze zum Bauen weg.
(Auflösung: 640×480 Pixel)

Ein Paradies auf Erden ist Holiday Island nicht wirklich. Die Erschaffung eines solchen wird aber selbst den Rookie-Strandbauern durch die unkomplizierte Oberfläche und dem Wuselfaktor mit vielen schicken Animationen erfreuen. Hardcore-Wirtschaftszockern werden die vielen Feinheiten, die sie von einem Sim City kennen, durchaus vermissen. Selbst die verschiedenen Schwierigkeitsgrade machen keinen riesigen Unterschied. Aber wer möchte nicht gerne eine Insel voll mit Hotels, Sehenswürdigkeiten und Partymeilen ausbauen und den virtuellen Urlaubern gemütliche Stunden am Strand gönnen? Trotz der Schwächen im Gameplay sammelt Holiday Island Sympathiepunkte.


Testsystem

Betriebssystem:Microsoft Windows 95a
Prozessor:Intel Pentium-S 133 MHz
Grafikkarte:Matrox Millenium MGA-2064W
Soundkarte:Creative SoundBlaster AWE64G CT4390
Festplatte:Quantum Fireball SE2.1A 2,1 GB
Arbeitsspeicher:64 MB EDO-RAM

Daten zum Spiel

Titel:Holiday Island
Erscheinungsdatum:Dezember 1996
Entwickler:Sunflowers Interactive Entertainment Software
Publisher:Sunflowers Interactive Entertainment Software
System:Windows
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