Programmieren ist eine Wissenschaft für sich. Nicht im wörtlichen Sinn. Aber zugleich faszinierend, besonders während der Anfänge der Heimcomputer. Plus: die letzten Empfehlungen aus der WASD.
Vorwort
Die WASD wird volljährig. Dazu braucht es keine 18 Jahre monatlicher PR-Texte im Hochglanzmagazin. Es reichen 18 Ausgaben, in denen Videospiele Kritik, Einordnung und Wahrnehmung als Kunstwerke erfahren. Gleichzeitig beendet diese Edition die Ära des WASD-Bookazines. Nie war es auf der Höhe der aktuellen Trends, aber immer zeitgemäß. Es war die Heimat eines modernen Videospieljournalismus, den die klassischen Magazine der großen Verlage aus Bayern nie leisten konnten. Mit wenig Hype und viel Herz war jede WASD-Ausgabe ein eigenes Kunstwerk. Sowohl inhaltlich als auch gestalterisch. Es tut weh, ein Print-Magazin, wenn auch eines im Taschenbuchformat, gehen zu sehen. Aber die Hoffnung auf ein Wiedersehen im Netz bleibt bestehen. Liebe Redaktion, liebe Redaktion, liebe Schreibenden, Illustrierenden und Lektorierenden: vielen Dank.
Drucksachen
W A S D
Stefan Köhler, WASD #18, Juli 2021
Als eingefleischtem PC- und vor allem Egoshooter-Spieler hat sich mir nie erschlossen, wie Konsoleros mit all den Knöpfen und Sticks auf ihren Controllern klarkommen ‒ auch wenn ich es heimlich bewundere. Dass im Gegensatz dazu mir und vielen anderen die Fingerhaltung WASD natürlich(er) vorkommt, ist aber ein unserem Körpergedächtnis geschuldeter Trugschluss.
Unser Muskelgedächtnis ist verantwortlich für motorische Routineaufgaben. Ein Beispiel: Wer täglich sein Passwort am PC eingibt, aber nur gelegentlich am Smartphone, wird merken, dass es dort länger dauert. Nicht nur, weil zwischen den Tastaturseiten gewechselt werden muss, sondern auch, weil das Muskelgedächtnis hier nicht funktioniert. Dasselbe Prinzip gilt natürlich auch für Videospiele und ist neben der Reaktionsgeschwindigkeit für den Erfolg und Misserfolg in derartigen Spielen zentral verantwortlich.
Wenn eine künstliche Intelligenz digitale Helden erträumt
Michael Förtsch, WASD #18, Juli 2021
Eine Handvoll Pixel, ein paar grobe Polygone, eine Textur, die dem Blick durch eine Milchglasscheibe gleicht. Über viele Jahre war es das und nicht mehr, was die Helden in unseren Lieblingsvideospielen ausmachte. Trotzdem wussten wir ganz genau, wie sie aussehen. Unsere Vorstellungskraft ergänzte all das, was auf dem Bildschirm und Fernseher fehlte.
Wie der Charakter im Spiel aussehen sollte, war auf dem Bildschirm nur selten zu sehen. Als Inspiration dienten anfangs nur die bunten Grafiken auf dem Gehäuse der Arcade-Automaten. Nachdem die Videospiele Einzug ins heimische Wohnzimmer erhalten hatten, übernahmen Handbücher und Verpackung diese Aufgabe. Erst die modernen Grafikkarten der vergangenen Jahre erlaubten die detaillierte Darstellung der Hauptpersonen ‒ und nahmen so den eigenen Interpretationsspielraum.
Hyperlinks
Entzauberung der Magie – Wie aus Bits Spiele werden
Gerrit Ludwig, videospielgeschichten.de, 01. Juli 2021
Homecomputer hatten damals, soweit ich weiß, alle ein mehr oder weniger gutes Benutzerhandbuch in dem das eingebaute BASIC mit vielen Beispielprogrammen zum Abtippen beschrieben wurde. So auch der C64. Viele kennen vielleicht noch das berühmte Sprite-Programm, in dem ein Ballon mit Commodore Logo über den Bildschirm flog. Wahnsinn, so etwas selbst gemacht zu haben!
Abtippen von Code aus der Zeitschrift ist noch längst kein Programmieren. Aber ist ein guter und niedrigschwelliger Einstieg. Der Quellcode ist frei zugänglich und bietet eine gute Grundlage, um Muster und Vorgänge zu verstehen. Was passiert, wenn ich diese Zahl ändere? Geht das nicht auch anders? Die eigene Neugier und die Unterstützung durch das Handbuch führen zu, zugegeben rudimentären, Mods ‒ und Programmierkenntnissen. Voraussetzung für den Spaß daran: ein Speichermedium, das die Erfolge festhalten konnte.
Retro-Programmieren auf dem KC85
Mario Donick, videospielgeschichten.de, 31. Juli 2021
Kurz nach der Wende bekam ich so einen alten Computer von einem Verwandten geschenkt. Statt an Arbeit war ich im Alter von 10, 11 Jahren natürlich eher am Spielen interessiert, und ironischerweise habe ich in den letzten acht Monaten mehr Text mit WordPro auf einem KC85-Emulator geschrieben als damals als ich noch einen echten ‚Kleincomputer‘ hatte.
Nostalgie ist schon eigenartig. Die Erinnerung alter Zeiten lebt auf. Und manchmal braucht es nicht einmal Brandbeschleuniger, um die Flamme größer werden zu lassen als damals. Außerdem lebt die eigene Zielstrebigkeit nicht nur davon, ebendieses Ziel zu erreichen, sondern auch darin, dieses Ziel mit eingeschränkten Möglichkeiten bestmöglich zu erreichen.
Dieser Mann arbeitet seit 25 Jahren an seinem Traumspiel
Daniel Ziegener, superlevel.de, 01. Juli 2021
Auch wenn Stuckenbrock immer wieder von einem möglichen Aus für sein Spiel spricht, findet er doch jedes Mal ein „aber“. Sollte das Ziel auf Kickstarter nicht erreicht werden, will er sich bei einem der vielen Förderprogramme für Spieleentwickler*innen auf Landes- oder Bundesebene bewerben. Selbst ein Scheitern kann ihn anscheinend nicht aufhalten.
Es verdient Respekt, die eigene Freizeit langfristig einem Ziel zu widmen. Und zwar derart langfristig, dass inzwischen mehrere Technologiegenerationen das Ziel in immer wieder in weitere Ferne gerückt haben. Natürlich hätte sich Stuckenbrock auch mit seiner ursprünglichen Fassung zufriedengeben können, aber die Passion in seinem Schaffen widerstrebt der einfachen Lösung.
In diesem E-Sport sammelt ihr Strohballen statt Kills
Benedikt Wenck, superlevel.de, 22. Juli 2021
Dass aus dem oft zur Entspannung gespielten, potentiell endlosen Bauernhof-Aufbau-Simulator dann noch ein eigener E-Sport wird, setzt dem Kuriosum eine noch kuriosere Krone auf. Beim E-Sport spielen Menschen in einem Wettkampf und nach festgelegten Regeln gegeneinander Videospiele.
Warum muss es im E-Sport denn immer um die Eliminierung des Gegners oder die Simulation eines realen Sports gehen? Darf nicht auch der Landwirtschafts-Simulator ein E-Sport sein? Konstruktiv ein Wirtschaftssystem oder zumindest einen Teil davon aufzubauen, kann doch ebenso dem komparativen Erlebnis des elektronischen Sports dienlich sein.
Vom Startblock auf die Resterampe? Olympische Spiele Tokyo 2020 – Das offizielle Videospiel
Sylvio Konkol, spielkritik.com, 23. Juli 2021
Kurios: Olympische Spiele Tokyo 2020 – Das offizielle Videospiel kam am 22. Juni 2021 in den Handel und ist doch schon zwei Jahre alt: Bereits am 24. Juli 2019 erschien der Titel in Japan, wenn auch zunächst nur für die PlayStation 4 und die Nintendo Switch. Geschlagene 23(!) Monate später dürfen sich nun auch Spieler außerhalb Japans in 18 Disziplinen messen, Xbox- und PC-Besitzer eingeschlossen.
Der Erfolg von Lizenztiteln ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, vom Erfolg des Lizenzierten abhängig. So sind FIFA-, NBA-, NFL-Titel oder auch die Formel-1-Rennspiele Kassenschlager, weil auch die echten Sportarten international erfolgreich vermarktet werden. Das Rhönradturnen hat hingegen noch keinen eigenen Titel bekommen. Dass nun das Olympia-Spiel nicht auf der medialen Vorberichterstattung mitschwimmen konnte und so einen gelungenen Fehlstart geleistet hat, ist wenig verwunderlich.
Beitragsbild: „a C64… in hardware“ von Blake Patterson unter CC BY 2.0