Fwd: 07/2021 • Politik, Games und Medienkritik

Dürfen Videospiele politisch sein, müssen sie es das vielleicht sogar oder können sie oft gar nicht anders? Und distanziert sind Videospiel-Medien von ihrer Branche? Damit beschäftigen sich die Juni-Artikel.


Vorwort

Eine lange Zeit war es verpönt, wenn Medien über Medien berichten. Aber Medien sind ein Kontrollinstrument, für die Regierung, für Unternehmen. Warum sollen Medien also nicht auch als Kontrollinstanz für andere Medien zum Einsatz kommen? Und warum sollte Videospiel-Journalismus davon ausgenommen sein? Es ist richtig und wichtig, dass auch Medienschaffende nicht der Willkür verfallen, sondern auch Kritik bekommen, mit der sie leben müssen, aber aus ihr auch lernen können. Das sollte für uns ebenso selbstverständlich sein, wie eine politische Haltung in Videospielen. Auch damit müssen wir leben und können daraus lernen. Dazu muss uns die Haltung nicht gefallen. Wir können auch ablehnend reagieren und das Spiel trotzdem als ein positives Erlebnis wahrnehmen.

Drucksachen

Die Zukunft der Vergangenheit

Maximilian Rose, GAIN #17, Juni 2021

‚Es gibt keinen Königsweg der Videospielarchivierung. Das Medium ist so vielfältig, dass keine Institution ihm in allen Ausformungen gerecht werden kann, auch nicht die ‚Internationale Computerspielesammlung‘.

Die Bewahrung von Geschichte und Kunst ist eine zentrale, gesellschaftliche Aufgabe. Die Anforderungen an Archive sind vom Medium abhängig und ebenso die Zugriffsmöglichkeiten. Alte Schriften benötigen optimale Lagerbedingungen. In den meisten Fällen reicht aber der Zugriff auf eine digitale Fassung. Ähnlich ist es bei Tonaufnahmen, Bildern und Fotos sowie Bewegtbildaufnahmen. Videospiele haben eine zusätzliche Ebene des richtigen Systems, das sie zum Zugriff benötigen, Kopierschutzmechanismen und noch bestehende Urheberrechte.


„Blogs sind eine mögliche Antwort“ – Interview mit der „Medienbiene“ Jannick Gänger

Christian Gehlen, videospielgeschichten.de, 05. Juni 2021

Vielleicht lag es daran, dass ich vermehrt Blogs und Indie-Magazine, aber auch internationale Seiten gelesen habe, die einen anderen Ansatz beim Schreiben über Videospiele nutzten. Irgendwann las ich dann einen Testbericht zu ‚Detroit Become Human‘, und ich war etwas perplex, wie öde er geschrieben war, bei einem Spiel wohlgemerkt, das ja eigentlich interessante Themen anspricht, zunächst unabhängig von der qualitativen Umsetzung, und dennoch las sich jeder Satz wie bereits tausendfach gelesen.

Gemäß Ziffer 7 des Pressekodex sind Anzeigenabteilung und Redaktion voneinander zu trennen. Wie diese Trennung auszusehen hat und wie scharf diese Trennung sein muss, ist nicht definiert. Special-Interest-Medien stehen da nämlich vor einem Problem. Sie berichten für eine bestimmte Zielgruppe über ein bestimmtes Thema. Das schränkt die gut zu vermarktende Werbung auf genau dieses Thema und genau diese Zielgruppe ein. Und weil der Anzeigenmarkt deutlich lukrativer ist, als Magazine oder Artikel zu verkaufen, hält sich die Redaktion vornehm zurück und spart sich gleich noch die Arbeit, indem einfach die Pressemitteilung wie die Hausaufgaben in der Schule abgeschrieben werden. Gerade so viel verändern, dass es hoffentlich niemand merkt.


Sind alte DOS-Klassiker etwa Systemseller?

seniorgamer.blog, 26. Juni 2021

In der Annahme, dass hier jemand eine halbwegs, also HALBWEGS rationale Entscheidung getroffen hat, auf was legt man bei EA ganz besonders Wert? Richtig. Geld! Um Geld geht alles, um Geld dreht sich alles.

Nostalgie und Erinnerungen. Damit lässt sich gut Kohle machen. Sei es als Originalspiel mit integrierter Emulation für den digitalen Vertrieb und dem Spielen auf zeitgemäßer Hardware oder als Remaster, damit die damalige Spielmechanik wenigstens hinter einer hübschen Fassade versteckt ist. Mit wenig Aufwand und noch viel weniger Kreativität leuchten die Dollarzeichen in den Augen des Managements auf.


Gamification Gone Wrong

Thomas Steuer, wall-jump.com, 16. Juni 2021

Problematisch war damals allerdings nicht nur die theoretische Beschaffung der GTA-Spiele aufgrund bis heute nervender Exklusivdeals, sondern auch die praktische. Ich wollte natürlich eine ungeschnittene Version, hatte diese auch lange im Voraus vorbestellt, konnte allerdings am Vormittag des 10. Juni 2005 immer noch keine Versandbestätigung in meinem Mailpostfach vorfinden. Geduld war seinerzeit nicht meine Stärke, also beschloss ich, spontan die USK16-Version zu besorgen und später wieder zu verkaufen.

Heute können auch Jugendliche per Mausklick den gewünschten Titel vorbestellen oder kaufen, ganz einfach von zu Hause aus und ohne auf die Altersfreigabe achten zu müssen. Früher war der Kauf eines Videospiels manchmal eine Tortur. Der Weg zum Elektromarkt ist nur eines von vielen potenziellen Problemen. Die Angestellten an der Kasse achten peinlich genau auf die Altersfreigabe, wenn man nicht zufällig jemanden kennt, der das Spiel im Auftrag kaufen kann. Das setzt aber voraus, dass der Titel noch nicht ausverkauft ist.


Keep your politics in your games

Thomas Steuer, wall-jump.com, 09. Juni 2021

Spieleentwickler- und hersteller sollten den Mut haben, politischen Themen auch in Big-Budget-Games entsprechenden Raum zu geben, sich die Abbildung komplexer und sensibler Gesellschaftsthemen zuzutrauen und dann kommunikativ voll hinter den Entscheidungen zu stehen. Einleitend einzuräumen, dass die im Spiel dargestellte Handlung definitiv politisch sei, im selben Statement aber nachzuschieben, dass kein eigenes politisches Statement daraus abgeleitet werden könne, halte ich heutzutage nicht mehr für zeitgemäß.

Neutrality means that you don’t really care“. Wer sich vor Politik verschließt, hat ihre Bedeutung nicht verstanden. Insbesondere in einer Demokratie, die eine Vielfalt von Meinungen zulässt, ist es wichtig, diese auch als solche zu äußern und sich nicht hinter werbewirksamen PR-Texten zu verstecken. Kunst war schon immer politisch. Egal, ob es sich um Bilder, Texte, Musik oder eben um Videospiele handelt.


Wie viel Politik passt in ein Videospiel?

Rainer Sigl, spiegel.de, 19. Juni 2021

‚Keep your politics out of my games‘, bitte keine Politik in Spielen – damit ist allgemein die Ablehnung plumper politischer Propaganda gemeint, vor allem von linksliberaler Seite. Dass Spiele oft politisch eindeutig konservative bis rechte Weltbilder verbreiten, stört hingegen kaum einen Fan.

Der erste Schritt ist getan. Die Erkenntnis, das ein Spiel, das eine Geschichte erzählt, eben auch politisch ist. Auf den ersten Blick ergibt es natürlich Sinn, sich dessen verweigern zu wollen. Auf den zweiten Blick ist das natürlich völlig hirnrissig. Was Spielende aus der politischen Haltung eines Spiels mitnehmen, obliegt der eigenen Interpretation. Trotz einer abgrundtiefen Ablehnung gegenüber der gezeigten Haltung kann ein Spiel durchaus positiv wahrgenommen werden. Vorausgesetzt, es ist richtig verpackt.

Titelbild: Kevin Puschak

chevron_left
chevron_right

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kommentar
Name
E-Mail
Website