Publisher haben für die Berichterstattung klare Erwartungen. Diese haben viele Menschen auch bei der Erinnerung an alte Hardware. Enttäuschungen sind da keine Ausnahme.
Vorwort
Erwartungen. Sie sind Ansprüche, die wir an die Zukunft stellen. An ihnen müssen wir uns von klein auf ständig messen. Zu Hause, in der Schule, am Arbeitsplatz oder im Grillverein haben wir Erwartungen an andere und andere Erwartungen an uns. Das ist nicht ungewöhnlich. Werden die Erwartungen erfüllt, sind alle zufrieden. Problematisch wird es erst dann, wenn sie nicht erfüllt sind. Denn dann stellt sich die Frage: Waren die Erwartungen zu hoch oder die Leistung zu niedrig? Es folgen häufig Schuldzuweisungen, seltener Schuldeingeständnisse. Ist eine schnelle Lösung nicht in Sicht, kann das fatale Konsequenzen nach sich ziehen.
Drucksachen
Warum Spiele-Trailer lügen?
Martin Dietrich, GameStar 06/2021, 19. Mai 2021
‚Manchmal musst du ein wenig schummeln, um ein Gefühl hervorzurufen, auch wenn es nicht zu 100 Prozent genau dem entspricht, was man beim Spielen tatsächlich sieht‘, sagt [Derek] Lieu [freischaffender Trailer-Editor].
Die Frage, die sich nun stellt, ist recht simpel: Wie viel Schummeln ist erlaubt? Die Antwort darauf eigentlich auch: So viel wie es die Zielgruppe zulässt. Das Ziel eines Spieletrailers lässt sich mit dem Wort „Verkaufsförderung“ zusammenfassen. Schließlich soll das Spiel letztlich einen Gewinn bringen und nicht nur die Entwicklung war teuer, auch das Marketing (und damit eben auch der Trailer). Also wird geschummelt, was das Zeug hält. Solange sich das Spiel dadurch besser verkauft und sich die Enttäuschung hinterher in einem überschaubaren Rahmen hält, hat der Trailer sein Ziel erreicht.
Hyperlinks
Retro Games: Früher war einfach alles besser?
Sebastian Felzmann, videospielgeschichten.de, 22. Mai 2021
Oftmals braucht es nur das richtige Videospielmodul oder die richtige CD-Rom, um den Nostalgiker zu kurieren und zugleich zu enttäuschen. […] Dann merkt man plötzlich, dass der heißgeliebte 8-Bit-Titel doch eine furchtbar langweilige Gameplay-Mechanik hat, dass die Auflösung der SNES im Vergleich zu heutigen Systemen doch nicht mehr überzeugen kann, oder aber dass man schon nach einem Level den Controller wegen des frustrierend hohen Schwierigkeitsgrades wieder aus der Hand legt.
Mal ist es die bröckelnde Erinnerung, mal die verklärte Erinnerung an die Kindheit. Der Anspruch an die Vergangenheit ist in vielen Fällen nicht realistisch. Störte es vor 20 Jahren nicht, das der Charakter noch wild durch die Gegend zuckte, sind wir heute eine pixelgenaue Steuerung gewohnt. Dass das damals nicht so war, merken wir erst, wenn wir den direkten Vergleich haben. Umgekehrt stellt sich dann aber die Frage: Ist das wirklich schlimm, dass die Vergangenheit nicht so toll ist?
GEOS, EGA oder LAN? – Stationen meiner Videospielkarriere
Patrick Dörn, videospielgeschichten.de, 15. Mai 2021
Also konnte ich mir mit dem Konfirmationsgeld einen 286er mit 8 MHz, 4 MB RAM, EGA-Grafikkarte und einer Festplatte mit wahnsinnigen 200 MB kaufen. Ursprünglich war nur eine 60 MB Festplatte verbaut, aber durch einen Zuschuss von meinem Papa war ich auch hier für die Zukunft gerüstet und nach Aussage des Informatikers würde man die 200 MB niemals voll bekommen. Die Zukunft hat hier gegenteiliges bewiesen.
Bring your own device. Was heute für die Integration von Privatgeräten in Netzwerke von Schulen, Universitäten oder Arbeitsplätzen steht, war schon auf LAN-Partys der 90er-Jahre Standard. Für ein Wochenende mit vielen Stunden Spielspaß und wenigen Stunden Schlaf wurden Tower, Röhrenbildschirm, Peripherie und ein Dutzend Kabel abgebaut, geschleppt und wieder aufgebaut. Was für Außenstehende für Unverständnis sorgte, war für Eingeweihte ein Highlight. Wiederholungsbedarf besteht heute noch immer. Daher ein Aufruf an Retrotreffen und die Gamescom-Ecke: Tut was!
Eine Busfahrt ist nicht lustig
Joshua Hampf, wall-jump.com, 22. Mai 2021
Als besonderes Bonbon wurde ich mit den anderen deutschen Pressevertretern auf die Premierenfeier von Heavy Rain nach Paris eingeladen. Gemeinsame Anreise mit dem bereits erwähnten Heavy Rain-Bus. Schickes Hotel in bester Pariser Lage. Premierenfeier mit rotem Teppich in einem französischen Kino. […] Das hätte alles schon ganz nett sein können, aber leider gab es ein kleines Problem: Heavy Rain war richtig schlecht.
Obwohl physische Pressekits im Postfach längst durch Keys für die Beta-Version auf Steam ersetzt wurden, ist es noch immer etwas Besonderes ein Spiel vor Veröffentlichung testen zu dürfen. Hinter verschlossenen Türen auf einer Messe oder gar auf einer Pressereise zu spielen, setzt der Aktion noch ein Krönchen auf. Bewusst oder unbewusst soll dabei natürlich ein positives Urteil forciert werden. Wenn das Spiel der Qualität der Veranstaltung allerdings nicht gerecht wird, kippt die Stimmung.
Am Strand
Mirko Lemme, wall-jump.com, 05. Mai 2021
Vielleicht ist es auch unser nicht gerade unpolitischer werdender Alltag, der mich bereits die ersten Schritte in Gordon Freemans Haut viel intensiver erleben lässt als noch Anfang der Nuller-Jahre. Das oppressive Regime, das von einer fremden Übermacht installiert wurde und mich zwingt, über Gassen und durch enge Flure vor einem Polizeiapparat zu flüchten, wirkt verstörend authentisch. Die Plattenbau-Ästhetik und verwahrlosten Spielplätze tun ihr Übriges.
Half-Life 2 ist noch immer aktuell, politische Unterdrückung und autoritäre Machtausübung weiterhin ein Thema. Zusammen mit der beklemmenden Atmosphäre der Ostblock-Plattenbauten funktioniert das Spiel heute noch immer. Vielleicht funktioniert es sogar besser als jemals zuvor.
Sind zehn Stunden zu kurz?
Rainer Sigl, spiegel.de, 24. Mai 2021
Einmal zahlen, und dann ‚hundert Stunden Spielspaß‘, wie die Games-Werbung früher oft versprach, das gibt es kaum mehr im Bereich großer Singleplayer-Spiele. Abseits davon natürlich schon: Multiplayer-Games sind unbegrenzte Spielplätze. Die endlosen Onlinerollenspiele mit Abomodell wurden dabei abgelöst von ebenso endlosen Games-as-a-Service-Titeln wie ‚Destiny‘ oder ‚Fortnite‘.
Der Grat zwischen Produkt und Dienstleistung ist gering, doch irgendwo dort sind auch Videospiele einzusortieren. Was aber feststeht: Getauscht wird Geld gegen eine Leistung ‒ sei es nun die Unterhaltung in einer fantastischen Welt, die die Flucht aus der Realität ermöglicht oder der sportliche Kampfgeist im Multiplayer. Doch diese Leistung besteht aus Qualität und Quantität. Hier gilt es, richtig abzuwägen. Lohnt es sich denn überhaupt, wenn das Spiel länger wäre? Oder ist die Geschichte nach wenigen Stunden zu Ende erzählt?