Betriebssysteme und Videospiele • Auf ewig Windows?

Mit dem Erfolg des ersten IBM-PC begann auch der Siegeszug von Microsofts MS-DOS und dessen grafischer Oberfläche Windows. Andere Systeme konnten sich nicht etablieren – bis heute?


Um zu verstehen, warum heute auf rund 85 Prozent der privat genutzten Desktop-Rechner mit Microsofts Windows betrieben wird, hilft ein Blick in die Vergangenheit. Für das Jahr 1981 plante der amerikanische Computer-Konzern IBM den Verkauf eines neuen Rechners, den IBM 5150. Das Unternehmen reagierte damit auf den Wandel der Branche weg von den großen Mainframe-Maschinen hin zu kleinen Arbeitsplatzrechnern. Deswegen wurde der 5150 auch als IBM Personal Computer bekannt. Da sie erst spät auf diesen Trend reagierten, sparte IBM Entwicklungszeit und -kosten, indem sie kostengünstige Komponenten zu einer Minimalkonfiguration verbauten. Mit Steckkarten ließ sich der Rechner vom Nutzer selbst erweitern. Einzig das BIOS entwickelte IBM selbst.

Dem Rechner fehlte allerdings noch ein Betriebssystem. Den Auftrag zu dessen Entwicklung vergab IBM an Microsoft. Da Bill Gates‘ Firma aber über kein Betriebssystem verfügte, lizenzierte Microsoft QDOS („Quick and Dirty Operating System“), das von Tim Paterson für Seattle Computer Products (SCP) entwickelt wurde. Microsoft trieb die Entwicklung weiter voran und gab es unter dem Namen MS-DOS an IBM, dies es wiederum als PC-DOS ihrem Rechner beilegten.

Heute ein Museumsstück: der IBM PC 5150 im Heinz-Nixdorf-Museumsforum in Paderborn

Weil die Bauteile des IBM-PC frei zum Kauf erhältlich waren, folgten schnell Nachbauten von anderen Herstellern. Neben den Klonen entwickelten sie auf dem Prinzip der „Open Architecture“ aber auch eigene Rechner, die aber mit IBM-Software und so auch mit MS-DOS kompatibel sein sollten. So baute etwa Compaq einen vollständig IBM-kompatiblen tragbaren Computer. Diesem Trend versuchte IBM mit zwei PC-Nachfolgern entgegenzuwirken, konnte sich aber nicht gegen die Klone durchsetzen und begann 1987 die Entwicklung des proprietären Personal System/2 (PS/2).

Obwohl IBM mit dem PC einen Industriestandard setzen konnte, verdienten andere Unternehmen damit Geld. Die Preise der Computer sanken und wurden auch für den Heimgebrauch erschwinglich, sodass sie die Heimcomputer ablösen konnten. Vom Verkauf der hohen Stückzahlen profitierten vor allem Microsoft und Intel. Nachdem AMD unabhängig von Intel zu produzieren begonnen hatte, entstand dort ein Konkurrenzkampf. Microsoft blieb hingegen weitgehend konkurrenzlos. Software und somit auch Spiele wurden für MS-DOS und Windows entwickelt.

Und die anderen?

Als der IBM-PC auf den Markt kam, vertrieb der Konkurrent aus Cupertino die Apple-II-Serie. Diese war bei Entwicklern und Spielern nicht unbeliebt. Für sie wurden in den 1980er Jahren mehrere Hundert Spiele veröffentlicht. Die Nachfolger konnten diese Zahlen nicht mehr erreichen. Zwar begründete Apple mit dem Lisa die Zukunft der grafischen Betriebssysteme und der Programmfenster, war aber zugleich ein kommerzieller Misserfolg. Zu teuer waren Apples Innovationen.

Besser verkaufte sich, der immer noch im Vergleich zu den PC-Klonen teure, Macintosh. Doch auch sein Marktanteil blieb vergleichsweise gering. Zwar gab es auch für die Macintosh-Reihe immer wieder Spiele, doch die Masse der Windows-Spiele konnte sie zu keinem Zeitpunkt erreichen. Nach dem Wechsel von Motorola- zu PowerPC-Prozessoren erlaubte Apple aber 1995 auch lizenzierte Macintosh-Klone, fürchtete aber rasch um die eigenen Verkaufszahlen. Als Steve Jobs 1997 ins Unternehmen zurückkehrte, kündigte er die Lizenzverträge.

Ebenfalls im Museum: der Apple Lisa

Einen weiteren Mitbewerber stellte das amerikanische Telekommunikationsunternehmen AT&T dar. Unix war allerdings überwiegend für Unternehmen und Forschungseinrichtungen ausgelegt. Im Consumer-Bereich blieb es außen vor. Daran änderten auch Rechner wie der AT&T UNIX PC nichts. Nur wenige Spiele wurden explizit für Unix entwickelt, diese waren nie kommerziell relevant.

Dessen ungeachtet spielt Unix in der Entwicklung anderer Betriebssysteme eine entscheidende Rolle. Mit Mac OS X entschied sich Apple, das eigene Betriebssystem auf Unix-Basis zu produzieren. Als Grundlage diente dabei Nextstep, das zuvor von Steve Jobs‘ Unternehmen Next entwickelt wurde. Besondere Bekanntheit erlangte es durch die Entwicklung des ersten Web-Browsers durch Tim Berners-Lee. Aber auch das Entwicklerstudio id Software produzierte Titel wie Doom oder Quake auf diesem System.

Ebenfalls basierend auf dem Unix-Konzept, aber ohne direkte Code-Nutzung entwickelte Linus Torvalds 1991 den Linux-Kernel. Streng genommen handelt es sich bei Linux also nicht um ein Betriebssystem, sondern nur um die Grundlage, eines zu bauen. Da Torvalds den Kernel aber frei zugänglich machte, konnten unterschiedliche Linux-Systeme koexistieren. Ähnlich wie bei Unix selbst, fand Linux vorwiegend bei Forschungs- und Unternehmensrechnern, sowie Servern Verwendung.

Und heute?

Im Desktop-Bereich führt Microsoft mit Windows den Markt mit etwa 85 Prozent klar an, Apple liegt mit etwa 13 Prozent dahinter, Linux-Systeme kommen auf nicht einmal 2 Prozent. Dennoch zeigt der Trend der vergangenen Jahre, dass sich Windows und macOS annähern, allerdings nur langsam. Gilt Windows als universelles System, bedient Apple diejenigen, die ein exklusives Rundum-Sorglospaket aus Hardware und Software wollen und einen dementsprechenden Preis zahlen. Linux wird hingegen als Baukasten für Computer-Profis betrachtet und steckt daher in der Nische fest. Obwohl es mit Canonicals Ubuntu inzwischen auch nutzerfreundliche Systeme gibt, findet die Unterscheidung von Distributionen nahezu keine Beachtung.

Image und Marktanteile spielen für Software-, also auch Spiele-Publisher eine entscheidende Rolle. Es ist das klassische Henne-Ei-Problem. Gibt es etwa für Linux keine Spiele, werden es sich Spielende nicht installieren. Nutzt niemand Linux, werden aber auch keine Spiele dafür entwickelt. Hinzu kommt die oft mangelnde Treiber-Unterstützung, die sich aber auf dasselbe Problem zurückführen lässt.

Steam und Stadia können zur Plattformunabhängigkeit beitragen

Aufgeweicht wurde diese rein kommerzielle Denkweise mit der Verbreitung der Indie-Spiele zu Beginn der 2010er-Jahre. Ohne Publisher war es Entwicklern so auch möglich, Spiele über wirtschaftliche Interessieren hinaus zu produzieren. Ein bekanntes Beispiel ist Minecraft, das auf seiner Java-Grundlage plattformübergreifend spielbar ist. Auch Entwicklungsplattformen wie Unity machten es möglich, Spiele mit geringem Aufwand für Windows, macOS und Linux herzustellen.

Die Distributionsplattformen Steam und GOG trieben die Entwicklung in Richtung Linux weiter voran. Mit SteamOS veröffentlichte Valve 2013 eine dedizierte Spiele-Distribution und bot Spiele- und Hardware-Entwicklern Unterstützung bei der Umsetzung von Projekten für ihr Linux-System an. GOG machte 2014 fünfzig klassische Titel für Linux-Systeme lauffähig. Zwar setzten sie dabei auf die Emulation von Windows, verpackten die Spiele aber in einem einfachen Installer, mit dem auch Linux-Einsteiger umgehen können.

Mit dem Spiele-Streaming folgt der nächste Schritt zur Plattformunabhängigkeit. Dienste wie Google Stadia oder Microsoft Xcloud können es ermöglichen, Spiele nicht nur hardware-, sondern auch systemunabhängig auszuführen. Ob der Wandel hin zu einer Dienstleistung eine spürbare Veränderung der Marktanteile nach sich zieht, ist zu bezweifeln. Zu viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Aber sie können Videospiele in der Wahl des Betriebssystems irrelevant machen. Zumindest, wenn die Anforderungen an Datenrate, Latenz und Preis erfüllt werden können.

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