Früher waren Handbücher in Spielen Standard, heute handelt es sich um eine Ausnahme. Dicke Bücher wurden zu dünnen Heften, bevor sie auf der CD landeten und mit ihr verschwanden.
Dass es Spiele zunehmend online und dabei oftmals ausschließlich digital zu kaufen gibt, ist keine neue Entwicklung. Dieser Trend besteht bereits seit etwa zehn Jahren. Und auch schon zuvor gab es bei der Verbreitung von Videospielen einen ständigen Wandel. Waren Spiele anfangs noch fest mit dem Gerät verbunden, wurden sie später durch externe Datenträger trag- und austauschbar.
Während der verfügbare Speicherplatz weiter anstieg, sank die Verpackungsgröße. Bis zum Ende des letzten Jahrtausends waren für Computerspiele große Pappschachteln, die sogenannte Big Box, der Standard. Sie bot Platz für umfangreiches Zubehör, der aber immer öfter leer blieb. Danach folgten die Hersteller der Entwicklung aus dem Konsolenbereich und vertrieben die Spiele in den deutlich kleineren DVD-Hüllen.
Von den nur noch gelegentlich genutzten Registrierkarten und Werbeflyern abgesehen, hat nur das Handbuch diese Entwicklung überlebt. Doch damit war es gleichzeitig eine der letzten Möglichkeiten, zu sparen. Sie wurden immer dünner, landeten als PDF-Datei auf der Disc und sind heute fast gänzlich ausgestorben. Mit dem Wegfall der physischen Ausgaben verschwindet nun auch das Handbuch.

Was denken die Spieler?
Doch brauchen Spieler eigentlich noch ein Handbuch oder handelt es sich dabei um ein antiquiertes Relikt aus alten Zeiten? Aus wirtschaftlicher Sicht fehlt es an einem Angebot, doch besteht vonseiten der Spieler überhaupt eine Nachfrage? Welche Bestandteile vermissen die Spiele, welche nicht? Dazu haben wir 200 zufällig ausgewählte Spieler von der sozialen Plattform Twitter befragt. Eine solche Umfrage hat nicht den Anspruch, repräsentativ zu sein, reicht aber für einen groben Überblick zu den Meinungen des Themas aus.
Die zunehmende Verbreitung der rein digitalen Veröffentlichung geht nicht nur von der Industrie aus, sondern wird auch von der Spielerschaft mitgetragen. So bevorzugen knapp 60 Prozent der Befragten den digitalen Kauf einer Plattform wie Steam, PlayStation Network oder dem Xbox Store. Aus dieser Riege können 66 Prozent gut auf eine Anleitung verzichten, lediglich vier Prozent vermissen es immer. Spieler mit Hang zum Regalfüller teilen sich gleichmäßiger auf. Ein Viertel bedauert den Verlust der Handbücher, ein Viertel nicht.
Weniger eindeutig sind die Präferenzen in Abhängigkeit des Alters. In fast allen Altersklassen zwar der Wunsch nach einem Handbuch zentral nur mäßig ausgeprägt, es gibt aber große Abweichungen in beide Richtungen. Eine Ausnahme davon bildet einzig die Altersklasse der Personen über 50 Jahren. Hier besteht durchweg kein großer Bedarf für eine Spielanleitung.

Dieselbe Altersklasse ist es aber auch, die noch an den klassischen Inhalten der Anleitungen festhalten möchte. Für sie gehören Installationsanweisungen und kompatible Hardware erwähnt. Jüngere Spiele, insbesondere die Digital Natives, können darauf verzichten. Stattdessen bevorzugen sie Artworks. Darüber hinaus sollen Handlung, Steuerung und Spieloberfläche erklärt und vertieft werden.
Ein Großteil der Spieler kann auf ein Handbuch verzichten. Diejenigen, die das aber nicht möchten, sind sich durch alle Altersklassen überwiegend einig. Eine Anleitung soll in gedruckter Form vorliegen. Nur 15 Prozent geben sich mit einer digitalen Variante, zum Beispiel als Datei, zufrieden. Trotz dieser Einigkeit zeichnet sich ein Trend ab. Jüngere Spieler begnügen sich eher mit einer PDF- oder Online-Anleitung als ältere.
Unabhängig von der Form, ist mehr als ein Drittel aller Spieler überzeugt, dass eine Spielanleitung Teil des Produkts ist und sind nicht bereit, mehr dafür zu bezahlen. 40 Prozent finden es hingegen in Ordnung, einen Aufpreis zu zahlen, der die Produktionskosten abdeckt. Solange Bestandteile eines Spiels aber nicht modular gekauft werden können, ist der Unterschied als Konsument aber nicht zu erkennen. Das übrige Viertel ist gewillt, sich eine limitierte Ausgabe des Spiels zu kaufen, wenn ein Handbuch mitgeliefert ist.

Was bringt die Zukunft?
Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Entwicklung umkehren wird. Die Zukunft ist digital. Mit einem Klick lassen sich Spiele kaufen und gleich herunterladen. Die steigenden Übertragungsgeschwindigkeiten ermöglichen einen schnellen Download der immer größeren Spieldateien. Außerdem entwickeln sich Spiele immer stärker weg von einem Produkt hin zu einer Dienstleistung. Selten sind Spiele am Veröffentlichungstag bereits fertig und vollständig. Updates beheben nicht nur Fehler, sondern umfassen auch neue Inhalte.
Damit einhergehen auch Spiele-Streamingdienste wie Google Stadia oder Microsoft Xcloud. Sie sind die nächste Iteration der digitalen Spielkultur. Auch aus technischer Sicht sind Handbücher oft nicht mehr notwendig. Die Installationen und Einstellungen sind intuitiv gestaltet, werden oft sogar automatisch ausgeführt. Aktionen im Spiel sind selbsterklärend oder werden von einem Tutorial abgedeckt.
Für die Nische der Liebhaber von physischen Beigaben hat es sich etabliert, Sammler-Editionen auf den Markt zu bringen. Deren Besitzer können dann Handbücher, Karten und Artworks in den Händen halten, müssen dafür aber auch entsprechend in die Tasche greifen. Limitierte Stückzahlen treiben den Preis nicht selten weiter in die Höhe. Oder sie werden nur als Belohnung für eine hohe finanzielle Unterstützung während einer Crowdfunding-Kampagne ausgegeben. Digitale Distributionsformen machen den Zugang zu Spielen einfacher und den Vertrieb günstiger. Das Zubehör, das einst fest zum Spiel dazugehörte hat sich zu einem Luxusgut entwickelt.