„Come and visit Trüberbrook for a perfect summer vacation!“ So lautet der Slogan des verschlafenen Touristenortes im gleichnamigen Adventure. Doch ist das Spielerlebnis wirklich so perfekt?
Hans Tannhauser, ein Physikdoktorand aus den USA, gewinnt bei einem Preisausschreiben eine Reise nach Deutschland. Ungewöhnlich ist aber, dass er nie an einem solchen Gewinnspiel teilgenommen hat. Nichtsdestotrotz macht er sich auf den Weg in den kleinen Luftkurort Trüberbrook, um dort an seiner Dissertation zur Quantenphysik weiterzuarbeiten.
Früher lebten die Bewohner des abgelegenen Dorfes überwiegend vom Tourismus, heute verirren sich außerhalb der Saison nur noch selten Besucher dorthin. Auch das Bergwerk, das den übrigen Ansässigen Arbeit versprach, ist inzwischen geschlossen. Es wurde von einem Investor mit dem nichtssagenden Namen „Millennium-Kooperative“ hat den einstigen Silberstollen übernommen und niemand weiß genau, was darin geschieht.
Gleich in seiner ersten Nacht in der Pension „Waldeslust“ wird Tannhauser Opfer eines Diebstahls. Sämtliche Unterlagen werden aus seinem Zimmer gestohlen. Sofort nimmt er die Verfolgung des Täters auf, verliert die Spur aber. Gleich am nächsten Morgen meldet er die Tat an der Rezeption. Doch es wird eine Weile dauern, bis die Polizei in Trüberbrook ankommt. Währenddessen trifft er die Paläoanthropologin Greta Lemke, die ihn zu einer gemeinsamen Erkundungstour in Richtung des alten Bergwerks überredet.

Gebaut in der echten Welt
Bereits in der Finanzierungsphase über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter wurde eine Besonderheit des Adventures angepriesen. Sämtliche Schauplätze sind nicht gezeichnet, sondern als Modelle von Bühnenbildnern gebaut worden. Danach folgte die Digitalisierung mittels Photogrammetrie. Die Vorteile dieser aufwendigen Technik sind vor allem bei der Beleuchtung und den Schatten zu erkennen und lassen das Spiel wie ein begehbares Puppenhaus wirken. Trotz oder gerade wegen der Detailverliebtheit bei der Gestaltung der Umgebung ist es doch schade, dass die Charaktere nur grob gezeichnet und animiert sind. Wo wirklich ins Bild passen sie daher nicht. Überdies lassen die Figuren eine Darstellung von Emotionen nahezu vollständig vermissen.
Für die Vertonung kleinerer Nebencharaktere greifen die Entwickler unter anderem mit Katjana Gerz und Giulia Becker auf das Team aus den hauseigenen Produktionen wie dem Neo Magazin Royale oder Gute Arbeit Originals zurück. Für den Großteil der Figuren sind aber eigens Sprecher engagiert worden. Diese übernehmen dabei sowohl die englische als auch die deutsche Synchronisation. Einzige Ausnahme bildet der spielbare Hauptcharakter Hans Tannhauser, der über zwei unterschiedliche Synchronstimmen verfügt. Insgesamt entsteht ein solides Klangbild, das den Figuren zumindest einen Teil der fehlenden Emotionen zurückgeben kann
Besonders hervorzuheben ist Nora Tschirner, die den zynischen Charakter der Greta Lemke gut ausfüllen kann. Aber auch Jan Böhmermann macht in der Rolle des verrückten Psychologen Dr. Heinrich von Streck eine gute Figur. Ein schönes Detail ist der deutsche Akzent, den die Bewohner von Trüberbrook in der englischen Fassung haben. Gemeinsam mit dem gelungenen Soundtrack entsteht so eine zum Setting passende Atmosphäre.

Heimat-Drama mit Sci-Fi-Beilage
Im Prolog schlüpft der Spieler zunächst in die Rolle der Greta Lemke, die sich mit ihrem kaputten Motorrad an eine stillgelegte Tankstelle gerettet hat und nun versuchen muss, es zu reparieren, bevor sie ihre Fahrt fortsetzen kann. Erst danach folgte eine lange Introsequenz, in der ein Bus auf dem Weg nach Trüberbrook zu sehen ist. Aber auch danach steigt die Erzählgeschwindigkeit kaum an. Sie passt damit zwar zum beschaulichen Dorfleben, ist aber für die Spieler eher nervig. Langsam enthüllt das Adventure dann den Teil der Handlung, der bereits der Produktbeschreibung zu entnehmen gewesen ist.
Die Geschichte ist klug erzählt und bindet eine Vielzahl der Bewohner des Touristenortes ein. Auch die sonst eher wunderlichen Selbstgespräche des Hauptcharakters ergeben mit den Tonbandaufzeichnungen einen Sinn. Als dann endlich das Dorfleben in den Hintergrund rückt und die Science-Fiction-Geschichte beginnt, spannend zu werden, ist das Adventure nach einer Spielzeit von etwa vier Stunden bereits am Ende angelangt. Zwar erfahren die Spieler noch, was es mit dem eigenartigen Prolog auf sich hat, viele andere Fragen der Handlung bleiben aber unbeantwortet. Auch die humorvollen Dialoge und Anspielungen können diese Lücke nicht füllen.
Bei der Steuerung halten sich die Entwickler an die genreüblichen Konventionen. Durch Klicken wird der Physikdoktorand durch die Welt gemächlich durch die Welt bewegt, mit Doppelklicken geht es ein wenig flotter. Hinter der Leertaste verbirgt sich die Hotspot-Anzeige, mit denen die klickbaren Elemente des Schauplatzes markiert werden. Das ist die einzige Hilfestellung, die die Spieler bekommen, aber auch die einzige, die unter Umständen nötig ist.
Das Design der Rätsel beschränkt sich nämlich weitgehend auf das Sammeln von Gegenständen, die teilweise in der Welt gefunden werden können oder durch Gespräche mit den Figuren zu bekommen sind. Zwar gibt es ein Inventar, dessen Nutzen beschränkt sich aber auf das Ansehen der aktuell mitgeführten Objekte. Ein Kombinieren durch die Spieler ist nicht erforderlich, sondern beim Anklicken der richtigen Stelle in der Welt automatisch. In letzter Instanz hilft es bei den nicht immer ganz logischen Aufgaben, einfach auszuprobieren. Gleiches gilt auch für das Dialogrätsel im Sanatorium, das sich weniger durch Wissen als durch Raten lösen lässt. Einzig das Öffnen des Bunkers im Bergwerk setzt historische Abläufe voraus.

Adventure für Einsteiger
Innerhalb von 30 Stunden haben über 5.000 Unterstützer Trüberbrook mit fast 200.000 Euro finanziert. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an das Point-and-Click-Adventure. Dieses Genre lebt von der Symbiose aus Geschichte und Rätseln. Leider sind das aber die größten Schwachpunkte des Spiels. Das Design der Aufgaben ist einfältig und die Handlung endet, bevor sie richtig begonnen hat. Dabei bieten die ansehnliche Welt mit vielen Details und Anspielungen, sowie humorvolle, gut vertonte Dialoge eine solide Grundlage, deren Potenzial aber verschenkt wurde.
Titel: | Trüberbrook |
Erscheinungsdatum: | 12.03.2019 |
Entwickler: | btf |
Publisher: | Headup Games |
System: | Linux, macOS, Nintendo Switch, PlayStation 4, Windows, Xbox One |
Kaufen: | Amazon, Steam |
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