Das Next Level Festival in Düsseldorf porträtiert zahlreiche spielbare Zukunftsvisionen von Videospielen und bietet gleichzeitig eine Plattform zur Information und zum Diskurs.
Vom 22. bis zum 25. November 2018 fand das neunte Next Level Festival statt. Veranstaltungsort war, wie in den beiden vergangenen Jahren, das NRW-Forum in Düsseldorf. Auf drei Etagen standen unterschiedlichste Stationen zum Zuschauen, Zuhören und Mitmachen bereit. Jede von ihnen verknüpft das digitale Spielen mit einem Aspekt aus dem technischen, gesellschaftlichen oder philosophischen Spektrum.
Einerseits bieten Videospiele einen Ort der Zuflucht, an dem Menschen die echte Welt vergessen können; einen Ort, an dem Sorgen und Probleme in den Hintergrund rücken. Andererseits nähern sich Spiele der Realität immer stärker an. Sie erweitern künstlich das echte Leben und so schaffen immersivere Parallelwelten als jemals zuvor.

Ausstellung zum Mitmachen
Die größte Station des Festivals war der Spiele-Parcours Uneasy Play. Während viele Spiele mit aufwendigen Belohnungssystemen versuchen, die Spieler bei Laune zu halten und ans Spiel zu fesseln, passierte hier genau das Gegenteil. Die hier präsentierten Spiele haben die Absicht, zu fordern, zu frustrieren und jegliche Erfolgserlebnisse zu verweigern.
Mit dem Aufbau versuchte Kurator Sebastian Quack, die Grenzen auszuloten. Bis zu welchem Punkt haben Spieler Freude an der Herausforderung, wann sind sie genervt? Welche Arten der Belastung können sie ertragen, welche nicht?
In Getting Over It With Bennett Foddy schlüpfen die Spieler in die Rolle eines Mannes, der sich in einem Kessel steckend nur mit Hilfe eines Hammers fortbewegen kann. Jede Bewegung kann die falsche sein und in die Tiefe führen. Spielmechanik und Leveldesign lassen so neue Stadien von Frust erleben, die einem selbst noch nicht bekannt waren.
Das VR-Erlebnis 6×9 der britischen Tageszeitung The Guardian setzt hingegen auf psychische Strapazen. Die Spieler sitzen allein in einer fünf Quadratmeter kleinen, fensterlosen Gefängniszelle und lauschen den Einzelhaft-Erfahrungen von sieben ehemaligen Insassen.

Einen anderen Ansatz verfolgte der zweite Parcours Polare Räume von Lukas Höh. Er ging auf die Verknüpfung zwischen realer und virtueller Welt ein. Acht verschiedene Stationen zeigten unterschiedliche Ansätze, wie alternative Steuerungen für Videospiele aussehen könnte, und wie sie umgekehrt mit den Spielern interferieren und Feedback geben könnte.
In Twitch wurden Spieler in die Befehlskette eines Computers zwischengeschaltet. Auf diesem lief Snake, das der Computer aber nicht selbst steuern konnte. Stattdessen sendete er elektrische Impulse an die Finger der Spieler, die so unfreiwillig die Tasten drückten.
Ganz ohne menschliches Zutun hingegen funktionierten Fabian Kühfuß‘ Beiträge, in denen Mikrocontroller über Roboterärme die Controller eine Playstation 2 und den Touchscreen eines Nintendo DS ansteuerten und dem Menschen so das Spielen abgenommen haben.
Die artistische Seite des Next Level Festivals deckte der niederländische Künstler Marnix de Nijs ab. Sein Werk Ghosted Views zeigte ein Universum, das Düsseldorf als Veranstaltungsort enthält. Mittels einer futuristischen Plattform konnten Spieler in einer Endlosschleife durch die Welt auf das NRW-Forum zufliegen, bevor sie wieder in die unendliche Weite zurückgeschossen werden. Die Musik, die durch die Steuerung vom Spieler beeinflusst wird, fügte sich nahtlos in das surreale Erlebnis.

Bildungs- und Gesellschaftsrelevanz
Parallel zur Ausstellung fanden noch einige Vorträge und Diskussions-Panels zum Design von Spielen und zum Arbeiten in der Spielebranche statt. Außerdem gab es ein digitales Labor, in dem unter Anleitung mit Lötkolben, 3D-Drucker und Laser-Cutter selbst gebastelt werden konnte.
Es war ein weiter Weg, bis sich Videospiele von einer Randerscheinung zur einem gesellschaftlich relevanten Thema entwickelt hat. Es hat viele Jahre und viele Diskussionen in Anspruch genommen, bevor sie letztlich allgemeine Akzeptanz gefunden haben. Dass inzwischen fast jeder dritte Deutsche regelmäßig Videospiele spielt, ist ein Beweis dafür.
Wie andere Medien, also etwa Filme oder Bücher, entstehen Videospiele aus der Entwicklung unserer Gesellschaft und sind damit von kultureller Relevanz. Im Gegensatz zu den Büchern oder Filmen, ist der Rezipient aber nicht vom Medium isoliert, sondern ein Teil davon. Folglich entstehen daraus neue Chancen und Risiken, die es zu erkennen und einzuordnen gilt. Daher spielt Gaming neben der Kultur-, auch für die Wirtschafts- und Bildungspolitik eine nicht unwichtige Rolle. Gleichwohl braucht es dann auch einen Ort wie das Next Level Festival, an dem diese Stränge zusammenlaufen und die Spielerschaft erreichen.

Weder die technische, noch die gesellschaftliche Entwicklung von Videospielen haben ihren Höhepunkt erreicht. Aktuelle Antworten werfen neue Fragen auf und sind die Grundlage für interessante Ansätze in der Zukunft. Das Next Level Festival nimmt sich der Aufgabe an, diese Entwicklung zu begleiten und für die Spieler zugänglich zu machen.
Für das NRW-Forum in Düsseldorf hingegen ist diese Rolle erst einmal beendet, ab 2019 wird das Next Level Festival auf der Zeche Zollverein in Essen stattfinden.