Hier fischt Fischers Fritz ausnahmsweise keine frischen Fische, sondern schmeißt sie in unterschiedliche Becken und stellt sie einem breiten Publikum in einem Aquarium zur Schau.
Die Macher von Big Pharma haben mit „Megaquarium“ eine Aufbausimulation in 3D veröffentlicht, die es dem Spieler ermöglicht, ihre eigenen Aquarien zu errichten und zu managen. Sowas als ganzes Spiel gab es bisher sonst nicht zu sehen, wenn dann eher nur in Form von Erweiterungen für Tierpark-Aufbauspiele wie Zoo Tycoon oder Wildlife Park. Dabei gibt es gar nicht mal so wenig zu entdecken: 97 Fischarten mit unterschiedlichen Eigenschaften und Bedürfnissen, dazu gibt es über 100 Objekte, die im eigenen Aquarium Platz finden können. Und wer ein paar Aufgaben mag, kann sich entweder durch die Kampagne mit 10 Level spielen oder aktiviert zusätzlich im Sandbox-Modus die optionalen Aufträge.
Butter bei die Fische
Was einem Aufbauspiel-Veteranen zuerst auffallen wird, ist die Umgebung des Gebäudes. Offenbar befindet es sich in einer unendlichen Dimension, in der sich einige zahlungsfreudige Besucher wiederfinden. Dies hat allerdings den Vorteil, dass wir größentechnisch nicht eingeschränkt werden und wir unseren Wasserzoo so groß bauen können, wie wir nur lustig sind. Das Grundgerüst beschränkt sich vorerst auf eine recht dürftige Größe, die gerade so für ein kleines Becken ausreicht.

So beginnt auch die Kampagne, die einem Schritt für Schritt die Basics erklärt, wo wir mit einer Fischart beginnen, die keine großen Ansprüche hat. Damit sich die Fische allerdings in ihrem Becken auch wohlfühlen, benötigt das darin befindliche Wasser einen entsprechenden Grad an Wasserqualität sowie eine angenehme Temperatur. Dies wird durch Heizungen und Filter bewerkstelligt, die neben dem Becken platziert werden. Das klingt anfangs noch nach wenig Arbeit, im Laufe der Zeit wird das jedoch ein bisschen mehr.
Irgendwann brauchen die Fische mehr Platz. Die Becken lassen sich beim Erstellen in der Größe bequem strecken. Doch die Besucher können bald noch auf die Idee kommen, die Versorgungsgeräte für die Aquarien zu beschädigen, weshalb wir dazu bald genötigt werden, diese vom Publikum mit Wänden und einer Personaltür abzuschotten. Um dann auch noch die Qualität ebendieser Becken noch aufrechtzuerhalten, braucht es dann Versorgungsgeräte in entsprechender Größe.
Doch nicht nur ein Aquarium mit angenehmer Wasserqualität und Temperatur ist wichtig, sondern auch, dass die Fische ihr Futter bekommen. Dafür stehen Futterkästen bereit und Kreise über dem Becken zeigen an, welches Futter gerade benötigt wird und wann es an der Zeit ist, den Hunger der Fische zu stillen. Sollte auch einmal die Wasserqualität bzw. die Temperatur einmal schwinden, helfen dem Spieler entsprechende Hinweiskreise. Um das zu beheben wird Personal benötig, welches für die Fütterung und die Wartung der Gerätschaften sorgt. Dafür haben sie entsprechende Fähigkeiten, die man vorher einsehen kann. Andere Eigenschaften wie die Fitness haben Einfluss darauf, wie flott der Mitarbeiter von Becken zu Becken laufen kann, um seine Arbeiten zu erledigen. In großen Aquarien lohnt es sich, deren Einsatzbereich einzuschränken.
Auch die Besucher haben Bedürfnisse. Schlafen sie bald ein, sind sie erschöpft und suchen nach einer Sitzgelegenheit wie eine Bank oder einen Massagestuhl. Für das Stillen des Durstes gibt es etwa Brause- oder Kaffeeautomaten, gegen den Hunger helfen Schokoriegelautomaten oder Eismaschinen. Folglich sind aber auch Toiletten notwendig.
Das bunte Treiben
Die zahlreichen Fischarten haben, wie bereits erwähnt, unterschiedliche Eigenschaften. Etwa die Anemonenfische, die sich eher mit einer kleinen Kombination aus Heizung und Filter neben dem Becken begnügen und auch gerne mit anderen Fischen im Becken vor sich hin schwimmen. Im Gegensatz dazu gibt es aber welche wie den Korallen-Zackenbarsch, der nicht mit Fischen seiner Spezies zusammen in einem Becken sein kann. Die Kategorie „Schwarmfische“ etwa trägt ihren Namen in aller Ehre, denn die mögen keine Einsamkeit und möchten lieber mit mehreren ihrer Art in ein Becken hinein. Die Korallen wollen vor allen Dingen gern Licht haben, die Seesterne hätten lieber einen Kühler anstatt einer Heizung… alles Dinge, die man beachten muss, damit es den Seetieren gut geht. Unglückliche Fische landen sonst irgendwann als Autopsiebericht im Nachrichtenlog – mit anderen Worten: sie sind gestorben. Entweder wenig Pflege oder sie wurden zur Nachspeise der Beckengesellen.

Der Nachrichtenlog berichtet zudem noch, ob eines der Kreaturen gewachsen ist und nun anspruchsvoller ist in Sachen Platzbedarf oder Hunger. Aber man findet hier auch optionale Aufträge, in denen uns Sammler, Sponsoren oder Forscher danach fragen, ob wir für sie ein Becken mit diesen und jenen Fischen aufbauen können. Dafür gibt es entweder Geld oder Ansehen.
Ansehen werden als Sterne dargestellt, diese erhält man für die Gegenstände, die im Aquarium zu sehen sind. Je nachdem, ob den Leuten die Gestaltung des Aquariums gefällt oder nicht, werden Sterne hinzugefügt oder abgezogen. Werden einige Fischarten irgendwann zu langweilig oder ist alles nicht ganz sauber und ordentlich, gibt es Abzüge und somit geringere Chancen, einen höheren Rufrang zu erreichen, der im übrigen notwendig ist, um entweder einige Missionen abzuschließen oder neue Gegenstände freizuschalten.
Gegenstände kann man durch sogenannte Ökonomie- oder Wisschenschaftspunkte freischalten. Neue Fische gibt es bei Ökonomie, neue Gerätschaften bei der Wissenschaft. Man kann bei den jeweiligen Fischen erkennen, was es für welche Punkte zu sammeln gibt. Starren die Leute diese Fische an, sieht man über ihren Köpfen, welche Punkte gerade in die Forschung fließen. Man kann mittendrin die Forschung umlenken auf andere Sachen oder darauf warten, bis das erwartete freigeschaltet wird.
Die Gäste machen auch gerne alles schmutzig, sie werfen Trinkbecher oder Schokoladenriegel-Tüten auf den Boden (manchmal auch in unmittelbarer Nähe eines Mülleimers) oder verwenden die Toilette so oft, dass sie irgendwann dreckig wird. Entsprechendes Personal, welches die Eigenschaft „Reinigen“ besitzt, ist dazu in der Lage, hier einzuschreiten. Lustigerweise kann man aber auch selber Hand anlegen und den Müll entfernen oder die Toilette gleich neu kaufen. Denn der Verkaufspreis entspricht genau dem Kaufpreis, man macht weder Verlust noch Gewinn. Gleiches kann man auch mit defekten Versorgungsgeräten für die Becken machen, sind sie einmal defekt, kann man diese verkaufen und direkt danach neu kaufen. Oder man lässt lieber doch gleich das Personal ran.
Wer flucht, fängt keine Fische
Die Kampagnen oder auch der Sandbox-Modus lassen sich in vier Schwierigkeitsstufen starten, wobei diese alle gut dimensioniert sind. „Leicht“ ist leicht und „normal“ ist normal. Man muss anfangs vor allen Dingen ab „normal“ durchaus auf sein Budget achten, während man bei „leicht“ fast schon in Geld schwimmt. Das Spiel erlaubt zudem das Bauen im Pausenmodus, was hilfreich sein kann, möchte man gerade Personalbereiche aufbauen. Die Gäste lieben es offenbar, herauszufinden, was sich so hinter Wänden verbirgt. Und hat man sie doch mal eingesperrt, kann man diese hinaustragen.

Je mehr Fische sich in einem Becken befinden, desto mehr sollte man auf die Wasserqualität achten. Gerade die verschlechtert sich mit einer höheren Anzahl an Fischen. So muss man durchaus Platz für mehr Filtergeräte einkalkulieren. Denn auch das Personal muss da herankommen. Um dem Chaos ein wenig entgegenzuwirken, bekommt man im Laufe des Spiels Pumpen, mit denen es möglich ist, die Gerätschaften von der Ferne aus mit dem Becken zu verbinden. Größere Pumpen versorgen dann sogar mehrere Becken auf einmal. Es ist allerdings völlig normal, wenn ein riesiges Becken dann gefühlt 50 Filter und 30 Heizungen benötigt.
Man kann den Gästen zudem noch Sachen wie Wegweiser, T-Shirts, Hüte oder Luftballons verkaufen. Dafür gibt es jeweils einen Stand, der allerdings auch mit einer Vorratskiste wieder von einem Mitarbeiter mit der entsprechenden Fähigkeit aufgefüllt werden muss. Während sich das Futter automatisch mit jedem neuen Tag auffüllt, muss das Geschäft mit dem Souvenir händisch erledigt werden.
Ein kleiner Trick, um noch einige Sterne oder Ökonomiepunkte abzugreifen, sind Dekorationsgegenstände, sei es im Becken oder außerhalb in den Gängen. Bei manchen Fischen ist so was sogar notwendig, manche brauchen eine Höhle oder Gras, damit diese sich wohlfühlen. Es ist aber durchaus sinnvoll, jedes Becken damit zu dekorieren, damit man so mehr Punkte bekommt. Becken, wo nur Fische umherschwirren, finden die Leute nämlich öde.

Die Kamerasteuerung erlaubt einen die Steuerung über die WASD-Tasten oder über die Maus. Das Zoomen ist über die Tastatur elendig langsam, ich habe mich häufig dabei erwischt, mit den Pfeiltasten zu navigieren. Man kann äußerst weit rauszoomen, um die merkwürdige Dimension, in der sich das Aquarium befindet, zu betrachten. Äußerst positiv hervorzuheben ist allerdings die First-Person-Perspektive, sobald man den Zoom ausreizt, kann man durch sein erbautes Reich laufen, um alles aus dem Blickwinkel eines Besuchers anzusehen. Jede Aufbausimulation hat so eine Perspektive durchaus verdient. Nur ist es eigenartig, nach oben keine Decke zu sehen, sondern weiterhin nur die eigenartige Dimension.
Was gibt es auf die Ohren? Sobald Becken und Gerätschaften aufgestellt sind, kriegt man die entsprechende Atmosphäre zu hören. Nur hört man kaum was von den Besuchern, es können zumindest so viele da sein, dass man durchaus Gespräche mitkriegen könnte, aber man hört von den offenbar seelenlosen Besuchern gar nichts. Die Musik ist seichtes Nebenbei-Gedudel, das man eher leiser stellen sollte, weil es nach vielen Stunden auf die Nerven gehen kann.
Da hat er „Blubb“ gemacht
Grafisch ist das Spiel bei weitem keine Wucht, einige Texturen wirken unscharf, das ganze Konstrukt wirkt eckig, jedoch kann sich das Aussehen der Fische durchaus sehen lassen. Eine recht übersichtliche HUD kriegt der Spieler serviert mit praktischen Infoblasen, die dann über den Becken schwirren. Für meinen Geschmack fehlt es allerdings an einigen Filteroptionen. Es wäre praktisch zu wissen, welche Fische etwa nur kaltes Wasser vertragen, damit ich mich nicht in der langen Liste zu Tode scrolle, um nach dem einen Icon zu suchen. Die Listen für die Gegenstände werden mit der Zeit ziemlich lang, es gibt zu viele Kategorien. Zudem gibt es keine Übersichten über sämtliche Details: ein Gast etwa findet Becken 23 langweilig, ein anderer findet Becken 12 unordentlich. Bei einigen kann man es sich denken, bei anderen muss man sich durch ebendiese Becken klicken, um zu erfahren, welches überhaupt gemeint ist.

Im Laufe des Spiels kann das Personal mit einem höheren Rang neue Fähigkeiten erlernen, die wir selber auswählen können. Das kann man an sich durchaus begrüßen, aber warum muss es als Pop-Up auftauchen? Und dann noch so plötzlich und teilweise dauernd? Zudem versucht man vergeblich, eine dringende Aufgabe einem Mitarbeiter zuzuweisen, was allerdings nur nach dem Zufallsprinzip zu funktionieren scheint. Selbst das Platzieren des Mitarbeiters vor dem Problem lässt ihn nicht dazu überreden, dieses zu lösen.
Die Personen erinnern einen an die Miis von der Nintendo Wii. Nur die Vielfalt der Gesichter lässt zu wünschen übrig, alle ähneln sich bis auf kleine Eigenschaften, zudem gibt es weder Kinder noch Rentner, die Aquarien wimmeln nur so vor Erwachsenen. Im Detail unterscheiden sich die Gäste nur durch Gesichtsfarbe, Haare, Brillen, Gesichtsbehaarung und Klamotten. Das Gesicht an sich bleibt aber überall gleich.
Eigenartig ist vor allen Dingen die Tatsache, wie alle Personen im Aquarium die Gegenstände halten. „Halten“ ist hierbei sogar das falsche Wort. Sobald diese einen Gegenstand haben, schwebt dieser vor ihnen her. Es existiert einzig und allein eine andere Haltung bei den Mitarbeitern, sobald diese ein Becken mit Futter befüllen, was anderes gibt es einfach nicht. Selbst die völlig überdimensionierten Brauseflaschen trinken die Besucher nicht einmal. Sie schweben nur.

Auch die Fische bewegen sich nicht im wirklich ordentlichen Rahmen. Entweder schwimmen sie in Steine rein oder durch andere Fische hindurch. Zudem bewegen sich ihre Gliedmaßen nicht 100-prozentig flüssig, während die allgemeine Bewegung flutscht wie die allgemeine Performance, die ich mit meiner Mittelklasse-Kiste erreichen konnte. Im Auswahlmenü der Fische bewegen die sich übrigens viel besser.
Das Spiel hat sich im Laufe des Testzeitraums ziemlich oft mit kleinen Patches aktualisiert, die sogar noch auf eine 1,44 MB große Diskette gepasst hätten (Version beim letzten Testtag war 1.1.2). Dennoch hielten sich die sichtbaren Verbesserungen in Grenzen. Vor allen Dingen wurden einige Texte nicht vollständig übersetzt, so sähe man mit mir beim erfolgreichen Verkauf von Wegweisern den Beginn einer „furchtbaren Geschäftsbeziehung“ (Nein, ihr habt euch nicht verlesen.). Es beschränkt sich glücklicherweise nur auf Vertipper.
Besonders dreist ist es, wenn eine offenbar optionale Aufgabe einen dazu bewegt, diese dennoch machen zu müssen, weil diese zur Erfüllung des Ziels notwendig ist. Wenn man mir von Vornherein sagt, dass das eine völlige Option ist, ich diese Option zur Erfüllung des Spielziels aber brauche, ergibt das dann noch überhaupt Sinn? Man merkt: es sind kleine Macken, die einen unverständlich vorkommen und den Spielfluss einschränken. Etwa auch, wenn man erst durch ein YouTube-Video eines Spielers begreift, dass man im Spiel einen Gegenstand in einen Kasten vom Nachrichtenlog ziehen kann, wo einem vorher nicht klar ist, dass man das machen muss, um etwa eine Art von Korallen zu bekommen, die für das Ziel des Levels notwendig sind. Bei einigen Sachen hilft nur: Learning by Doing. Denn selbst das eigentlich sehr einsteigerfreundliche Tutorial erklärt nicht jeden kleinen Mist, was man einerseits als übertrieben ansehen kann, in dem Fall aber eher eine berechtigte Erklärung gebraucht hätte.

Fazit
Megaquarium ist weder mega gut noch mega schlecht. Der Einstieg ist leicht, der Umfang an Fischarten ist reichhaltig und das Zuschauen – nicht zuletzt durch die First-Person-Perspektive – macht durchaus Spaß. Die mühselige Planung der Becken samt Versorgungsgeräte und die fehlenden Filterfunktionen machen es allerdings schwer, im Laufe des Spiels noch den Überblick zu behalten. Fans von Aufbausimulationen können dennoch einen Blick ins reichhaltige Becken riskieren. Darauf eine schwebende Brause.
Hinweis: Das Spiel wurde kostenlos von Twice Circled zur Verfügung gestellt.
Testsystem
Betriebssystem: | Microsoft Windows 10 Home (Version unbekannt) |
Prozessor: | Intel Xeon E3-1230v3 |
Grafikkarte: | GIGABYTE GeForce GTX 1050 Ti |
Soundkarte: | ASUS Xonar DX |
Festplatte: | Western Digital WDC WD10EAVS 1TB |
Arbeitsspeicher: | 16GB DDR3-1600 |
Daten zum Spiel
Titel: | Megaquarium |
Erscheinungsdatum: | 13. September 2018 |
Entwickler: | Twice Circled |
Publisher: | Twice Circled |
System: | Linux, macOS, Windows, PlayStation 4, Xbox One, Nintendo Switch |
Hinweis: Zum Testzeitpunkt war das Spiel nur für Computersysteme verfügbar.