Spieletests und Wertungen • Nicht ganz durchschnittlich

Ob im Heft oder auf zahlreichen Online-Magazinen, Blogs und Aggregatoren: Wertungen in Spieletests und -reviews gibt es noch immer. Doch was können sie eigentlich und was nicht?


Wertungen zu Videospielen gibt es in zahlreichen Formen, etwa als Schulnoten, in Zehner- oder auch in Hunderterschritten, respektive als prozentualer Wert. Üblicherweise gehören sie zu einem mehr oder minder ausführlichen Testbericht oder einer Review und schließen diese am Ende ab. Später sind die Wertungen dann für viele Spieler die erste, manchmal sogar die einzige, Quelle für eine Kaufentscheidung. Daher nutzen Publisher sie auch gern zur Vermarktung ihres Produktes. Folglich stellt sich also die Frage, was Wertungen leisten können und was nicht.

Wer nicht gerade guten Gewissens ein Spiel im Vertrauen in die Entwicklung und den Publisher vorbestellt, hat neben den Teasern und Trailern auch die Möglichkeit, meistens vor, aber spätestens kurz nach Veröffentlichung die ersten Tests und Reviews lesen zu können. Um nicht stundenlang mit dem Lesen diverser Artikel beschäftigt zu sein, sind die Wertungen ein gutes Mittel. Sie lassen sich leicht erfassen und vermitteln so auf einfache Weise eine Meinung.

Und weil es natürlich unterschiedliche Meinungen gibt, werden verschiedene Wertungen zusammengetragen und können auch gleich miteinander verglichen werden. Die typischen Zahl- und Prozentwertungen lassen sich oftmals im Kopf umrechnen, bei Schulnoten hilft ein Blick in den üblichen Notenschlüssel, der ein prozentuales Äquivalent umfasst. Vielleicht noch einen Durchschnitt bilden und voilà, ein endgültiger, allumfassender Wert. Oder noch einfacher: den Metascore nachschauen.

Die letzte Instanz ist es nun, diesen Wert zu interpretieren. 93 %. Das muss aber ein tolles Spiel sein. 79 %. Klingt gut, das kaufe ich. 64 %. Vielleicht lieber doch nicht. Eine verbreitete Ansicht. 64 Prozent ist noch immer ein überdurchschnittlicher Wert, oftmals aber nicht genug, um für einen potenziellen Kauf zu überzeugen. Doch das Problem mit der Interpretation beginnt vorher.

Viel entscheidender als die Gesamtwertung ist nämlich, auf welchen Kriterien der Test beruht, wie diese gewichtet werden und ob die Verfahren überhaupt Sinn ergeben. Wird beispielsweise eine Pixelgrafik schlecht bewertet, obwohl sie zur Atmosphäre des Spiels beiträgt oder ist die Handlung eines Rennspiels übermäßig stark gewichtet, muss die Aussagekraft der Gesamtwertung hinterfragt werden. Oftmals ist aber auch gar nicht ersichtlich, wie viel Bedeutung den verschiedenen Eigenschaften zugesprochen wird.

Da sich aber nicht alle Aspekte messen lassen, ist abseits davon aber auch immer die persönliche Meinung relevant, die wiederum von eigenen Erwartungen und Erfahrungen abhängig ist. Ob eine Steuerung intuitiv ist, ist genauso subjektiv wie die Schwierigkeit eines Adventures oder das Handling in einem Rennspiel. Zum Problem wird das allerdings, sobald diese Eindrücke mit einem festen Zahlwert ausgedrückt werden. Dieser suggeriert eine tatsächliche Messung und Objektivität, obwohl es sich stattdessen um eine streitbare Meinung handelt. Darüber hinaus können Tester mit derselben Meinung verschiedene Wertungen abgeben und Tester mit verschiedenen Ansichten dieselbe Wertung.

Unter anderem deswegen ist es wichtig, zu wissen, wer das Spiel getestet hat. Ein genreaffiner Tester verfügt über gute Kenntnis der Konkurrenzprodukte, arbeitet detailliert, neigt aber dazu, sich zu sehr darin zu verlieren und die Bedürfnisse von Gelegenheitsspielern zu vernachlässigen, für den das Gesamtpaket zählt. Wird allein getestet, ist auch das Urteil eher einseitig verfasst, während in einer Gruppe die einzelnen Ansichten differenziert betrachtet und diskutiert werden, aber letztlich die Gefahr besteht, dass ein schwammiger Kompromiss ausgehandelt wird.

Eine Wertung ist einfach, sie ist verständlich, sie lässt sich vergleichen. Das ist eine wichtige Eigenschaft im immer größer werdenden Markt der Videospiele, in dem es gar unmöglich ist, sich mit allen Titeln auseinanderzusetzen. Allerdings muss auch immer im Bewusstsein bleiben, dass die Vergleichbarkeit auch Grenzen hat. Denn eine Wertung ist eine nur eine Zahl, deren Ursprung ganz unterschiedliche Gründe haben kann so an Aussagekraft verliert. Daher ist eine Wertung über einen groben Überblick hinaus nicht zu gebrauchen.

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comment 1 Kommentar
  • Marina

    Was lernen wir daraus? Wenn man es genau wissen will, vielleicht doch mal zwei oder drei Texte durchlesen *g*.
    Und wie gut, dass es für die Lesefaulen unter uns noch YouTube gibt. Da gibt es Reviews in Videoform. Sogas manchmal mit Gameplay-Material. 😉

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