Bald ist Bundestagswahl, Elke Twesten wechselt die Seiten, Donald Trump ist immer noch Präsident der USA und das NEO MAGAZIN ROYALE hat immer noch witzefrei. Von spielefrei ist nicht die Rede.
Die Produktionsfirma der Late-Night-Show NEO MAGAZIN ROYALE für den Spartenabklatschtrödelsender ZDFneo, die Bildundtonfabrik aus Köln-Ehrenfeld hat am 17.12.2015 ihr erstes Videospiel zur Sendung veröffentlicht. Das Spiel steht für Windows und Mac OSX auf der Webseite der Show zum Download bereit. Android- und iOS-Nutzer können das Spiel hingegen aus ihrem Store beziehen. Dabei entstehen monatliche Kosten von 17,50 Euro pro Haushalt, wobei dann auf beliebig vielen Geräten gleichzeitig gespielt werden kann. Ist sozusagen ein Sparangebot für Saarländer.
Die Handlung beginnt in der Maison Slimani… äh… Böhmermann, eine Villa mit 1.000 Zimmern, die im Naturschutzgebiet in Köln-Hahnwald errichtet wurde. Dort schreibt Jan Böhmermann die letzten Zeilen für das Sendungsbuch von seinem Sidekick William Cohn, bevor er mit seinem Privatflugzeug zum Studio König fliegt. Doch wo steckt das Pullovermodel denn schon wieder? Er hat sich im Quotenkeller mit Glump Alkoholcola ins Koma gesoffen und Jan muss nun die Zutaten für ein Konter-Glump zusammensuchen, damit die Aufzeichnung der Sendung beginnen kann.
Zum Glück sind auch die Bastelbrothers, Captain Obvious, der Beefträger sowie Türsteher Barth im Studio unterwegs und versuchen zu helfen. Unglücklicherweise wartet POL1Z1STENS0HN, der seiner Teilzeitstelle als Steuerprüfer beim Finanzamt Köln nachgeht, darauf, die Finanzen von Jan Böhmermann zu kontrollieren.
Grafisch erinnert das Spiel, insbesondere wegen des Intros und der ersten Szene, an die Monkey-Island-Reihe von LucasArts. Erste Versuche hat die Bildundtonfabrik mit „The Secret of Markus iLanz“ bereits im Vorjahr gestartet und Szenen davon in der Sendung gezeigt. Eine spielbare Version ist nie erschienen. Das alte Studio der Sendung war vermutlich zu klein, um von ihr eine spielbare Welt zu generieren. Überzeugen kann die CGA-Auflösung von 320×200 Pixeln, die ein sofortiges, rezeptfreies Retroerlebnis bieten kann.
Weniger retro klingt leider die musikalische Untermalung des Spiels. Die ist nicht einmal MIDI. Allenfalls die Intromelodie passt in das Gesamterlebnis. Außerdem wurden scheinbar keine Kosten und Mühen gescheut, die originalen Synchronsprecher von William Cohn und Jan Böhmermann zu engagieren. Auch wenn Letzterer an manchen Stellen gern zu schauspielerischen Übertreibung neigt.
Während die Bewegungssteuerung von Pixel-Böhmi problemlos mit dem Vorbild aus dem vergangenen Jahrtausend mithalten kann, ist das Interaktionsmenü eine kleine Katastrophe. Zumindest für den Spieler am stationären Endgerät. Da Familie Heins allerdings nur noch über mobile Geräte verfügt, sind die Interaktionen auch für solche konzipiert. Durch das lange Drücken der linken Maustaste erscheint ein Auswahldialog für „Anschauen“, „Nehmen“ und „Sprechen“. Mausgesteuerte Geräte wären mit einer Aufteilung auf zwei Maustasten oder gar die Nutzung der berühmten Verben besser ausgerüstet gewesen. Auch das Inventar ist etwas zickig. Nur, wenn man mit der Maus auf die richtige Stelle des auszuwählenden Objektes ausrutscht, kann man ihn anwählen um ihn zu benutzen, andernfalls guckt Jan sich den Gegenstand erneut an.
Darüber hinaus ist die Bedienung des Spiels sehr simpel, überschaubar und somit auch für Saarländer geeignet. Nach dem Spielstart kann der letzte Spielstand geladen werden oder aber ein neues Spiel gestartet werden. Dabei wird allerdings ein vorheriger Spielstand gelöscht. Es kann also nur ein Spielstand gleichzeitig verwaltet werden. Über Grafik- und Toneinstellungen verfügt GAME ROYALE nicht. Es startet automatisch mit den höchsten Grafikeinstellungen und vorausgewählter Tonabmischung. Beides stellt aber kein Problem dar.
Unabhängig aller technischen Einzelheiten kann das Point-and-Click-Adventure der Bildundtonfabrik mit dem Witz überzeugen, den auch die Sendung bietet. Von mittelmäßig bis schlechten Wortwitzen über Seitenhiebe in Richtung ZDF und RTL bis hin zur politischen Provokation ist alles dabei. So machen die Rätsel, die sich auf einem guten, mittelmäßig anspruchsvollen Niveau einordnen lassen, auch gleich mehr Spaß. Hilfe kann der Spieler ironischerweise von Captain Obvious bekommen, der einen entscheidenden Hinweis zur Nutzung eines Gegenstandes liefert. Manchmal verrät er aber auch nur das Offensichtliche. Die Spielzeit von drei Stunden ist eine durchaus realistische Angabe und für ein kostenloses Spiel völlig in Ordnung. Das offene Ende liefert eine perfekte Vorlage für einen Nachfolger, in dem dann hoffentlich die technischen Mängel behoben werden. Ein heimlicher Wunsch bleibt aber ein Vollpreistitel mit entsprechender Spielzeit.
Zusätzliche Quellen: GAME ROYALE
Zur Review des Nachfolgers: Game Royale 2: The Secret of Jannis Island
Titel: | Game Royale: Jäger der verlorenen Glatze |
Erscheinungsdatum: | 17.12.2015 |
Entwickler: | btf GmbH |
Publisher: | btf GmbH |
System: | Mac (OSX), PC (Win), Android, iOS |
Herunterladen: | Mac App Store, .EXE, Google Play, iTunes |
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