Mirror’s Edge • Auf dem Rand des Spiegels

DICE mischt klassische Bestandteile aus 250 g Shooter, 450 g Adventure und 120 ml Platformer, und gibt noch 7 EL neue Bewegungsform, Geschmacksrichtung Parcours, dazu. Wohl bekomms!


Das, vor allem durch die Battlefield-Reihe bekannt gewordene, schwedische Studio hat das Spiel Mirror’s Edge entwickelt, welches von Electronic Arts vertrieben wird. Am 12. November 2008 erschien es sowohl von Xbox 360 als auch für die Playstation 3. Die PC-Fassung erschien knapp zwei Monate später am 13. Januar 2009. Neben den Hard-Copy-Varianten kann man das Spiel auch im Xbox-Store, sowie bei Origin und Steam erwerben. Mirror’s Edge verbindet Elemente von Shooter, Platformer und Adventure mit dem Bewegungsmodell des Parcours-Running. Der Spieler ist zumeist unbewaffnet und muss sich mit Muskelkraft, sei es durch Kampf oder Flucht, wehren. Gelangt er an eine Waffe, kann diese eingesetzt werden, wobei das Spielziel auch erreichen werden kann, ohne einen Gegner direkt zu erschießen.

Faith Connors kann sich kaum noch an die alte Stadt erinnern, gleichwohl aber an die Demonstrationen um ebendiese zu erhalten. Ihre Mutter ist bei den Innenstadt-Krawallen umgekommen. Kurze Zeit später ist sie von zu Hause abgehauen und lebte auf der Straße. Als er Faith beim Einbruch in seine Wohnung erwischt hat, bot Merc an, sie als Runnerin zu trainieren. In neuen Stadt, in der die Regierung jede Art von Medien und Kommunikation überwacht, sind Runner die Boten von illegalen Informationen und Dokumenten. Ironischerweise arbeitet Faiths Schwester Kate bei der städtischen Polizei und wird dabei Opfer einer Falle, die nicht nur ihr schaden soll.

Faith in der Kanalisation
Zu Beginn des Spiels gibt es ein kurzes Tutorial, in dem sämtliche Bewegungsabläufe erklärt werden. Neben dem einfachen Laufen kann Faith über Hindernisse springen oder unter ihnen durch grätschen. Auch Wallruns und -jumps beherrscht sie. Entsprechend den echten Bewegungen sind diese ein wenig schwerer auszuführen, stellen aber für den durchschnittlichen Spieler kein Problem dar. Zusätzlich werden auch die Angriffs- und Abwehrtechniken geübt, bevor Faith in ihren Alltag als Runnerin zurückkehren darf: Einen Koffer quer durch die Stadt transportieren. Eigentlich ein üblicher Auftrag, wären die Polizisten nicht plötzlich so schießwütig. Also beschließt Merc, der die Runner von seinem Unterschlupf aus koordiniert, dass ihre Kollegin Celeste den Koffer übernehmen und den Auftrag abschließen wird. Später hört Faith vom Unterschlupf aus den Polizeifunk ab und verfolgt einen Einsatz ihrer Schwester. Sie soll eine Aussage zu einem Einbruch aufnehmen, als es plötzlich zu einem Schusswechsel kommt. Sofort eilt Faith zu ihrer Schwester, die beteuert, nicht an dem Vorfall beteiligt gewesen zu sein. Nun liegt es an Faith die Unschuld ihrer Schwester zu beweisen. Gar nicht so einfach in einer korrupten Stadt, in der man von nun an die meistgesuchte Person ist.

Von nun an wechseln sich schnelle, actionreiche Kämpfe und Verfolgungsjagden mit der Polizei oder gar privaten Sicherheitsleuten und ruhige, langsame Szenen, in denen man unauffällig Gespräche belauscht oder Informationen sammelt, ab. Diese Abwechslung macht den Spielspaß aus. Manchmal scheitert es im Kampf und manchmal scheitert es an der richtigen Bewegungskombination. Aber es gibt immer einen Weg. Mindestens. Und damit man den besser findet, gibt es drei kleine Hilfen, die man bei Bedarf nutzen kann.
Eine davon, ist die sogenannte Runner Vision. Objekte wie Rohre, Leitern oder Rampen färben sich rot, sobald sich der Spieler nähert und weiß so, dass er sich hier entlang bewegen kann. Zusätzlich dazu, kann Faith per Tastendruck ihr Ziel anpeilen, sodass man sich grob orientieren kann. Der Weg wird dadurch zwar nicht verraten, aber als Denkanstoß durchaus tauglich. Die dritte Hilfestellung ist bei schnellen Bewegungsabläufen, etwa dem Entwaffnen des Gegners, nützlich. Hat man durch das Laufen genügend Reaktionszeit gesammelt, sodass das Fadenkreuz blau schimmert, kann man diese einsetzen und die Zeit verlangsamen, um seine Bewegungen zeitlich präzise auszuüben. Die Runner Vision lässt sich über das Menü ein- und ausschalten, Reaktionszeit und Zielhinweis können jederzeit bei Bedarf per Tastendruck genutzt werden.

Die Stadt. So wird sie genannt. Der Name bleibt den Spielern vorenthalten. Sie könnte überall liegen. Allerdings ist das auch gar nicht wichtig, denn die Handlung beschränkt sich auf diese Stadt. Eine Stadt, die den Bürgern ein Leben in Wohlstand, Gesundheit und Sicherheit garantiert und im Gegenzug die Freiheit der Bürger einschränkt. Eine Stadt, die Perfektion anstrebt und dafür alle notwendigen Mittel einsetzt. Eine Stadt, die nicht einmal in einem Traum existieren könnte. Letztlich gibt es hier dieselben Probleme, die es überall auf der Welt auch gibt. Den Kontrast zwischen schwarz und weiß. Oberflächlich wirkt die Stadt hell und sauber. Strahlende Gebäude und kräftige Farben prägen das Bild der Stadt, deren Himmel nicht von einer einzigen Wolke getrübt wird und die an ein glitzerndes Meer mit leichten, gleichförmigen Wellen grenzt. Im dunklen Schatten offenbaren sich die Kehrseiten. Abfall, Ratten und ein Hauch von Unterdrückung und Kriminalität. Ein typisches, dystopisches Gebilde.
Der Bogen zwischen der Handlung und der Optik der Stadt sorgen für eine konsistente Atmosphäre, die zum Ausharren einlädt, obwohl man so schnell wie möglich von dort fliehen möchte.

Faith auf einem Baugerüst
Obwohl die Gestaltung der Grafik ein insgesamt atmosphärisches Bild abgibt, sind hier auch Schwachpunkte zu verzeichnen. Bei näherer Betrachtung sind viele der Umgebungstexturen recht grobpixelig. Geschriebenes auf Papier oder an Wänden wirkt wie ein JPG-Bild, das zum abertausendsten Mal von Tumblr herunter- und wieder hochgeladen worden ist. Auch die Gesichtszüge der Charaktere sind derart minimalistisch, dass es nicht verwundert, dass die Zwischensequenzen, die detailliert dargestellte Emotionen benötigen, in einem Comic-Stil dargestellt werden.

Im Gegenzug sind die Bewegungsabläufe, sowohl von Faith als auch von anderen Figuren, flüssig und realistisch. Zu beachten ist allerdings, dass die PhysX-Option nur dann aktiv ist, wenn die Grafikkarte tatsächlich die physikalischen Berechnungen dieser Technologie unterstützt, da es ansonsten vor allem in Kampfsituationen mit vielen Kugeln und splitterndem Glas zu starkem Ruckeln kommen kann.
Obwohl ich selten diese Meinung vertrete, muss ich zugeben, dass ich die deutsche Synchronisation deutlich gelungener finde als die englische Variante. Besonders Faith klingt auf deutsch kräftiger und stimmiger. Gemeinsam mit ihrer optischen Erscheinung fügt sie sich gut in die Rolle der nonkonformistischen Runnerin. Etwas schwacher hingegen sind Jacknife und Ropeburn, die an einigen Stellen wenig überzeugend und wacklig klingen. Die restliche Geräuschkulisse kann aber überzeugen. Die Körper-, Kampf- und Umgebungsgeräusche sind überzeugend und im Verhältnis gut abgemischt. Ein besonderes Highlight ist aber die Hintergrundmusik, die stets zur Umgebung und Spielsituation passt und die Atmosphäre unterstreicht. Unterstützt wird dies noch einmal durch den Soundtrack des Spiels, Still Alive von Lisa Miskovsky, der der Hardcopy-Variante des Spiels auf einer Audio-CD beiliegt.

Faith vor einem Helikopter

Über den Storymodus hinaus gibt es noch zwei weitere Spielmodi, die beide ein EA-Konto und eine aktive Internetverbindung voraussetzen.
Im Speedrun-Modus können die einzelnen Kapitel der Geschichte, inklusive aller Zwischensequenzen und Dialoge, durchgespielt werden, während eine Uhr mitläuft. Unterbietet man die Qualifikationszeit, so wird man in die Bestenliste eingetragen und kann sich mit anderen Spielern messen.

Der Time-Trial-Modus hingegen verzichtet auf Storyelemente und konzentriert sich auf die einzelnen Strecken, die möglichst schnell und fehlerfrei durchlaufen werden sollen. Als Orientierung dienen dabei drei Zeiten, die von einem bis drei Sternen gestaffelt sind. Durch das Unterbieten der schnellsten Zeit werden drei Sterne gutgeschrieben und deren Summe schaltet weitere Strecken frei.

Insgesamt bietet das Spiel dank dem Bewegungs- und Kampfmodell eine nette Abwechslung zu einem klassischen Shooter oder einem Adventure, das durch eine stimmige Atmosphäre gestützt wird. Über die nicht immer gut anzuschauenden Texturen kann man dank der Soundkulisse aber zweifelsohne hinwegsehen. Die Geschichte ist ein wenig klischeehaft, aber in sich schlüssig und nachvollziehbar, wenngleich sie mit etwa sechs bis acht Stunden Dauer ziemlich kurz ist. Auch dem Wiederspielwert ist sie nicht zuträglich, der aber ohnehin nur dann gegeben ist, wenn man neue Wege ausprobieren möchte. Letztlich bekommt man ein solides Spiel, an dem man sich als Freund dystopischer Geschichten ein oder zwei Abende erfreuen kann.

Zusätzliche Quellen: MobyGames


Titel: Mirror’s Edge
Erscheinungsdatum: 12.11.2008
Entwickler: EA DICE
Publisher: Electronic Arts
System: PC (Win), PS3, Xbox 360
Kaufen: Amazon, Steam, Origin, PS-Store, Xbox-Store

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